Vin Aqua Vin: Vielleicht eine Anspielung auf Kanaan
Weinprobe
Von
Michael Pöppl
Ein idealer Ort für die kalten Wintertage, gemütliche Sofas, ein bollernder Ofen und warmes Kerzenlicht – „Vin Aqua Vin“ heißt der Laden im hippen Neuköllner Reuterkiez, links geht es in die Vinothek, rechts findet man die Regale einer kleinen Weinhandlung. Über den Namen wird gern spekuliert, er könnte viele Bedeutungen haben. Bibelfeste Gäste könnten annehmen, dass die Verbindung von Wasser und Wein mit der Hochzeit zu Kanaan zu tun hätte. (Für alle Berliner Heiden: Laut dem „Buch der Bücher“ verwandelte Jesus bei dieser Gelegenheit Wasser zu Wein, etwas, das jeder Weinliebhaber gern auch können würde.) Eine andere Erklärung: Betreiber Jan Kreuzinger geht es beim Weintrinken vor allem um guten Geschmack, um spannende Unterschiede. Dabei kann ein gelegentlicher klärender Schluck Wasser (Aqua) zwischen zwei Gläsern Wein (Vin) nicht schaden. Aber vielleicht ist die Geschichte des Namens ja doch eine ganz andere?
Der heute 35-Jährige jedenfalls ist, wie viele Weinliebhaber, ein Überzeugungstäter. Das hört man gleich, wenn er über sein Lieblingsthema redet. Während des Studiums als Toningenieur lernte er einen fränkischen Winzer kennen und führte für ihn das Berliner Weinlager. In der Weinerei, damals noch ein Geheimtipp in Mitte, schenkte er aus, auch in anderen kleinen Weinbars, und lernte dabei viel über sein Lieblingsgetränk. 2009 eröffnete er dann neben der eigenen Großhandlung auch sein erstes Geschäft in der damals noch ruhigen Weserstraße, das ein Jahr später ein paar Häuser weiter in größere Räume zog. Kreuzinger war schon da, als noch keiner nach Neukölln wollte, er freut sich über die Entwicklung des Kiezes: „Irre, welche kreative Kraft sich hier entwickelt hat.“ Die Nachfrage nach gutem Wein wächst gerade bei jüngeren Menschen. Seit vergangenem Jahr gibt es auch eine Filiale von „Vin Aqua Vin“ in Hamburg, an der Kreuzinger beteiligt ist.
Im Sortiment sind vor allem bezahlbare, spannende Weine, eine bewusst subjektive Auswahl. Nicht das Verbandssiegel, sondern der Geschmack zählt für Kreuzinger und sein engagiertes Team. Die meisten Flaschen in den Regalen stammen von deutschen und österreichischen Winzern, gute Tropfen aus Frankreich, Italien oder Spanien sind ebenfalls zu finden. Alle Weine sind für ein zusätzliches Korkgeld von maximal 9 Euro auch in der Vinothek erhältlich, wo auch französische Bistroküche serviert wird. Eigenkreationen gehören ebenfalls zum Angebot: ein eigener Prosecco, ein Kirschbrand und der fantastische Haus-Gin „Viktoria“, aber auch ein leichter Württemberger namens „Cuvée Silenus“, den Kreuzinger zusammen mit dem Weingut Heinrich in Heilbronn aus Blaufränkischem, Spätburgunder und Dornfelder zusammengestellt hat und der gerade im Winter eine echte Empfehlung sei. „Süffl“ heißt der Wein intern, nach dem schwäbischen Bacchus auf dem Etikett, ein harmonischer Tropfen für 7,90 Euro, der hellrot im Glas liegt und sich als trockener Begleiter für viele Gelegenheiten bewährt. Leichte süße rote Beeren, etwas bittere Hagebutte und ganz wenig Fassaroma ergeben ein rundes Geschmackserlebnis.
Das ganze Gegenteil, eine spannende Herausforderung für die Zunge ist die zweite Empfehlung: Ein 2013er „Vulkangestein“ des Naheweinguts Von Racknitz, ein trockener Riesling mit viel Charakter für 13,40 Euro. Die Winzerin Luise von Racknitz-Adams und ihr Mann Matthias Adams bearbeiten viele unterschiedliche Bodenlagen, lassen ihre Weine spontan vergären und erzielen so tolle Ergebnisse: „Was da im Glas ist, ist einfach Gold für mich“, schwärmt Kreuzinger.
Die intensive Farbe erinnert tatsächlich an weihnachtliche Goldfolie. Der Riesling aus der Vulkanlage duftet nach Pampelmuse und herber Walnussschale, einer leichten Brise getrockneter Aprikosen, im Mund wirbelt er dann quer über die Zunge und füllt den Gaumen mit frischer Säure aus grünem Apfel und etwas Rhabarber. Vielleicht kein Wein für jeden Tag, aber immer eine echte Bereicherung.
Vin Aqua Vin: Weserstraße 204, 12047 Berlin, Tel. (030) 94 05 28 86, www.vinaquavin.de, Mo.–Mi. 16–21 Uhr, Do.–Fr. 15–21 Uhr, Sa. 14–21 Uhr (die Vinothek ist länger geöffnet)
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