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Village ClickA wie Amöbe macht auf Gitarre

Schwere Genmanipulationen: „Königin“ von den Quarks gibt’s jetzt im Clipmix-Format

Der Trend geht zum Aquarium. In der de:bug werden Quallen gelobt, der Ocean Club ist eine Lieblingsshow, und in der Cookies Bar weiß man nicht, ob man Fische schaut oder selbst im Becken sitzt. Nun fliegen über die Homepage der Berliner Agentur „im stall“ zwar Schmetterlinge. Die funny Falter sind im Grunde aber auch nichts anderes als die Neonfische der Lüfte. „im stall“ hat jetzt eine Idee gehabt: Bedienen wir doch mal die Aquariumszene, die gerne Tracks mixt und Computer spielt!

Die Kreativen nannten das Format Clipmixer. Es läuft auf CD-ROM, DVD und Playstation. Doch es geht hier auch um Musik, denn schließlich ist es der Ocean Club, der mit involviert ist. Chefin der Freitagssendung auf Radio Eins ist Gudrun Gut. Auf deren Label Monika Enterprises haben die Quarks im November ihr zweites Album „Königin“ veröffentlicht, und damit war der erste Clipmixer-Deal perfekt. Das Titelstück sollte es nämlich sein. Für die Agentur deshalb angenehm, weil die Quarks ja irgendwie mit dem Ocean Club assoziiert sind, und für die Quarks ebenso angenehm: Als Elektronik-Duo muss man derzeit nämlich ganz schön darüber nachdenken, wie man mit den neuen Medien umgeht. Und gerade in „Königin“ haben Jovanka von Willsdorf und Niels Lorenz eine Menge an Text und Sound verdichtet. Pfeifend träumen sich die Zeilen durch die Kontingenzwelt („Wenn ich könnte, was ich kann/ wär ich Königin“). Lassen sich von minimalen Schlagzeug- und Bassfiguren vorantreiben und treffen dabei immer wieder auf Pluckersounds und Kleinstsamples.

Lädt man nun die Clipmixer-CD-ROM, taucht ein Aquarium voller lustiger Gestalten auf. Die manipuliert man mit der Tastatur unter der Hand und dem Bandnamen im Sinn: Q ist die Qualle, die bei Bedienung das gesamte Design per Zufallsgenerator verändert. U wie U-Boot tuckert als Synthie-Spur durchs Wasser, A wie Amöbe macht auf Gitarre. Ganz wichtig die letzten drei. R wie Rüssel pumpt sich als Bass fett auf, K wie Königin singt nachdenklich, während S wie Spermien als Ejakulat des Schlagzeugs rumschwirrt.

Überall kann man Verzerrung drauflegen, zwei verschiedene Echos, zusätzliche Samples. Man kann die Figuren von rechts nach links und von oben nach unten wandern lassen, man kann ihre Lautstärke von null bis neun regeln. Lautstärke und Ort des Klangs entsprechen dabei der Größe und Position der jeweiligen Figur. Ganz wichtig: Einzelne Passagen können geloopt werden, so dass man tief in die Erbanlage der Königin eingreifen kann. Nach einer Stunde etwa hat man auch die Special Samples überschaut und alles gut im Griff. Rüssel direkt auf neun, alles andere zum Schweigen gebracht – schon geht man als Mike-Ink-Techno-Minimalist durch. Dreht man die Spermien auf, schickt sie durchs Echo und verzerrt sie auch noch, ist das Fundament für einen Underworld-Mix bereits gelegt. Oder man gestaltet den Textfetzen „Sinn“ zur Schleife, verzerrt den Gesang und schlägt die Gitarre an – Blixa Bargeld wird nach dem Urheber fragen.

Als Spiel weist der Clipmixer einen hohen Suchtfaktor auf. Es nervt aber, dass die Computertastaturen nicht anschlagsecht sind. Damit werden wichtige Teile des Remixens zur Glückssache, ganz besonders das Loopen. Man kann nämlich nie wissen, ob man jetzt taktgenau ausschneidet. Alle, die auf der Quarks-Site ihre Remixe austauschen wollen, brauchen deshalb etwas Toleranz in Sachen Groove. Wenn man sich „im stall“ dafür noch was einfallen lässt, begrüßt sich die Aquariumszene bestimmt bald mit „Clipmixer okay?“. Christoph Braun

Quarks: „Clipmixer Königin“. Herausgegeben von „im stall“. Bestellungen unter www.quarksland.de

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