Viertelfinalspiele der Rugby-WM: Die All Blacks tanzen weiter
Gastgeber und Topfavorit Neuseeland erreicht durch einen Sieg gegen Argentinien das Halbfinale, wo Australien wartet. England und Titelverteidiger Südafrika sind dagegen ausgeschieden.
AUCKLAND/BERLIN dpa/taz | Das Tableau hat es gut gemeint mit den Europäern. Obwohl wie so häufig die Teams aus der südlichen Hemisphäre bei der Rugby-WM in Neuseeland die überzeugenderen Leistungen zeigten, haben die Europäer einen Finalteilnehmer bereits sicher. Im Halbfinale kommt es am Wochenende zu einem Kontinental- und Außenseiterduell zwischen Wales und Frankreich, während sich bei der anderen Paarung die Erzrivalen und Titelfavoriten Neuseeland und Australien gegenüberstehen.
Noch Stunden nach dem 33:10-Sieg gegen Argentinien feierten die rugbyverrückten Neuseeländer ausgelassen den Triumph. Premierminister John Key gratulierte dem Team, auf nahezu jedem TV-Kanal wurden die entscheidenden Spielszenen immer wieder gezeigt. Schließlich haben die knapp 4,3 Millionen Einwohner nicht jeden Tag Gelegenheit, große sportliche Erfolge zu feiern.
Denn auch in ihrer Nationalsportart Rugby wartet Neuseeland seit 1987 – auch damals war man Gastgeber – auf einen WM-Titel. Auch wenn sie jedes Mal großer Favorit waren, scheiterten sie stets vorzeitig. Auch am Sonntag sah es kurz so aus, als würde sich die Geschichte des Scheiterns fortsetzen, nach einem Versuch gingen die Argentinier vorübergehend 7:6 in Führung – erst der zweite Rückstand im Turnier. Doch durch zahlreiche verwandelte Straf-Kicks konnte Neuseeland aber die Führung zurückerlangen und ausbauen.
Viertelfinale
Irland – Wales 10:22 (3:10)
England - Frankreich 12:19 (0:16)
Südafrika - Australien 9:11 (3:8)
Neuseeland - Argentinien 33:10 (12:7)
Halbfinale
15.10.: Wales - Frankreich
16.10.: Neuseeland - Australien
Die nächste Partie am kommenden Sonntag gegen den zweimaligen Weltmeister Australien ist für den Gastgeber ein vorweggenommenes Finale. "Jetzt beginnt die WM erst so richtig. Noch haben wir nichts gewonnen, gegen Australien wird es um einiges schwerer", warnte All-Blacks-Star Dan Carter, für den das Turnier nach einer Adduktorenverletzung frühzeitig beendet war.
Australien setzte sich nur knapp und vor allem recht glücklich gegen Südafrika durch. Die Titelverteidiger konnten das Spiel zwar überwiegend in die australische Hälfte verlagern, erwiesen sich aber als wenig durchschlagskräftig. Südafrikas Rugby-Nationaltrainer Peter de Villiers und Mannschaftskapitän John Smit kündigten unmittelbar nach dem Viertelfinal-Aus ihren Abschied von den "Springboks" an. Vermutlich werden diesem Beispiel weitere Spieler folgen. Die Australier boten dieses Mal die erfahrenste Mannschaft in ihrer WM-Geschichte auf.
England "tot und begraben"
Überraschend qualifizierten sich schon am Samstag die in der Vorrunde wenig überzeugenden Franzosen gegen England mit 19:12 fürs Semifinale. Für Frankreich war es der erste WM-Sieg in einem KO-Spiel gegen die Engländer. Grundlage für den historischen Erfolg war vor allem die eigene aggressive Verteidigungsarbeit, dank derer man sich zur Pause bereits einen 16:0-Vorsprung erarbeiten konnte. England erzielte noch zwei Versuche, denen "Les Bleus" aber einen erfolgreichen Dropkick entgegensetzen.
Für die Englänger, Weltmeister 2003, war dieses Turnier nicht nur sportlich, sondern auch aufgrund etlicher Eskapaden ihrer Profis abseits des Spielfelds eine Enttäuschung. Entsprechend deutlich fielen die Reaktionen in der Presse aus: Der Guardian schrieb von "Versagern", der Telegraph schimpfte: "Tot und begraben. Goldene Gelegenheit verschenkt."
"Wir hatten mehr Chancen als Frankreich, haben diese aber nicht genutzt", haderte Englands Trainer Martin Johnson. Mit vier Vorrunden-Siegen hatte sein Team in der Heimat die Hoffnungen auf den zweiten WM-Titel geweckt. Nach der ersten WM-Niederlage gegen eine europäische Mannschaft seit 1995 ist Johnsons Zukunft jetzt ungewiss, sein Vertrag läuft im November aus.
"Ausscheiden wollten wir nicht. Wir wollten zeigen, dass wir gut Rugby spielen können", sagte Frankreichs Kapitän Thierry Dusautoir. Seine Mannschaft hatte die zwei Vorrunden-Pleiten gegen Neuseeland und Tonga prima weggesteckt. Gegen Wales winkt am Samstag die dritte Endspiel-Teilnahme nach 1987 und 1999. Dazu müssen die Franzosen allerdings die bärenstarke Verteidigung der Waliser knacken. Irland konnte die gut gestaffelte Abwehr beim 22:10-Sieg von Wales nur einmal überwinden – das war im Duell der gälischen Brüder zu wenig.
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