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Vier Ressorts auf einen StreichFrank Horch als Supersenator?

Wirtschaft, Hafen, Verkehr, Energie: Der künftige Wirtschaftssenator Frank Horch will für alle vier Bereiche zuständig sein. Und liegt in der Atompolitik nicht auf SPD-Linie.

Wasser statt Rotwein: Frank Horch (l.) und Olaf Scholz. Bild: dpa

HAMBURG taz | Frank Horch will Supersenator werden. Der parteilose frühere Präses der Handelskammer, der im künftigen Senat unter einem Regierungschef Olaf Scholz (SPD) das Wirtschaftsressort übernehmen soll, hätte nach taz-Informationen zusätzlich gern die Federführung für Energie und Verkehr.

Das würde die weitgehende Aufteilung der bisherigen Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) bedeuten. "Davon höre ich jetzt zum ersten Mal", gibt sich SPD-Parteisprecher Jörg Schmoll auf Anfrage schmallippig: "Ressortzuschnitte werden erst am Ende im Gesamtpaket geklärt."

Auch Frank Horch ist im Gespräch mit der taz eher wortkarg. Er sei "in intensiven Gesprächen mit Herrn Scholz". Eine Klärung erhoffe er sich "bis nächste Woche". Dabei gehe es um ein "sinnvolles und funktionsfähiges" Ressort.

Schon als Chef des Industrieverbands Hamburg und als Präses der Handelskammer hatte Horch die Bedeutung der Energiepolitik stets betont. "Entscheidend für die Wirtschaft sind wettbewerbsfähige Energiepreise", beharrte Horch auch am 13. Januar, als Scholz ihn im Hotel Elysee als "die optimale Besetzung" für das Wirtschaftsressort präsentierte.

Aus seiner Sicht, so Horch, sei "ein Energiemix" unter Einschluss der "Brückentechnologien Kohle und Atom" so lange unverzichtbar, bis die erneuerbaren Energien die Nachfrage bedienen könnten. Da mögen "gewisse Differenzen zum Parteiprogramm der SPD bestehen", räumte er ein.

"Wir haben in dieser Frage keinen Konsens", hatte Scholz bestätigt. Weil aber das Kohlekraftwerk Moorburg bereits im Bau sei und die Laufzeit von Atomkraftwerken keine Frage der Hamburger Senatspolitik, "wird es keine Probleme geben", glaubt der Bürgermeister in spe: "In den Kernfragen der Wirtschaftspolitik sind Herr Horch und ich zu 95 Prozent einer Meinung."

Erster Spaltpunkt dürfte jedoch die Verfassungsklage gegen die Verlängerung der AKW-Laufzeiten werden, die fünf SPD-geführte Bundesländer und die rot-grün-rote Opposition im Bundestag am Montag beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingereicht haben.

Dadurch soll das Ende 2010 ohne Zustimmung des Bundesrats beschlossene Atomgesetz für nichtig erklärt werden. Für das künftig mit absoluter SPD-Mehrheit regierte Hamburg wäre es ein logischer Schritt, sich diesem Vorgehen anzuschließen. Ob das aber mit einem Energiesenator Horch zu machen wäre, ist offen.

Anlass der Ressortdebatte ist der Gewinn der absoluten Mehrheit für die SPD. In einem rot-grünen Bündnis hätte die GAL auf der BSU im jetzigen Zuschnitt beharrt, nun steht die bislang grün geführte Behörde als Konkursmasse zur Umverteilung an.

Und Horch will sich offensichtlich seinen Anteil sichern, um das Wirtschaftsressort zu einer Infrastrukturbehörde für Hafen, Großkraftwerke und auch Straßenbau aufzuwerten.

Der 62-jährige Geschäftsführer der Werft Blohm + Voss gilt als Kenner der maritimen Wirtschaft. Als Wirtschaftssenator will der studierte Schiffsbauingenieur vor allem die Entwicklung des Hafens vorantreiben und sich für die Elbvertiefung einsetzen. "Wirtschaft ist der Quell des Ganzen", ist Horchs Überzeugung: "Hamburg darf nicht den Schlaf der Schönen fortsetzen."

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5 Kommentare

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  • H4
    Holger 40

    Der Hamburger Philosoph und Autor David Perteck ist das, was ich ganz schlicht einen Opportunisten nenne. Bleibt zu hoffen, daß die Linke seinen Aufnahmeantrag ablehnt/abgelehnt hat. Mögliche Begründung: Andere Parteimitglieder könnten auf der Schleimspur des Kandidaten ausrutschen.

  • DP
    David Perteck

    DAVID PERTECK GEHT ZUR LINKEN

    Scharfe Kritik an Olaf Scholz

     

    Der Hamburger Philosoph und Autor David Perteck hat eine Woche nach der Bürgerschafts­wahl in Hamburg angekündigt, von der Ökologisch-Demokratischen Partei zur Linken zu wechseln. Perteck war nach der Bürgerschaftswahl 2008 von den Grünen zur ÖDP gewech­selt, weil er die schwarz-grüne Landesregierung in Hamburg nicht mittragen wollte. Darauf­hin war er als Bundestags- und Bürgerschaftskandidat für Hamburg angetreten. Nach den vorgezogenen Neuwahlen 2011 infolge des Koalitionsbruchs zwischen CDU und Grünen möchte Perteck nun bei den Linken mitwirken, die erneut in die Hamburgische Bürgerschaft eingezogen sind.

     

    "Ich sehe in meinem Handeln eine große Kontinuität und Konsequenz", betont Perteck. "Bei der Bundestagswahl und der Bürgerschaftswahl hat die ÖDP in Hamburg einige Ach­tungserfolge erzielt und für nachhaltigen Umweltschutz geworben. Bessere Einflussmög­lichkeiten für einen ökologisch-sozialen Politikwechsel bietet jedoch eindeutig die Linke. Meine Unabhängigkeit werde ich mir bewahren."

     

    Probleme mit der Herkunft der Linken, die aus der PDS und der WASG unter Gregor Gysi und dem SPD-Dissidenten Oskar Lafontaine hervorgegangen war, hat der gebürtige Ham­burger Perteck nicht.

     

    "Die Linke steht für soziale Gerechtigkeit, für Frieden und wirklichen Klimaschutz", erklärt Perteck. "Die vom politischen Gegner immer gerne vor Wahlen heraufbeschworenen Kom­munismus-Debatten spielen in der Realität keine Rolle. Bei der Linken arbeiten unter ande­rem ehemalige Sozialdemokraten und Grüne weiterhin für ihre Ziele, die ihre einstigen Par­teien längst für Lobbyismus und Korruption verraten haben. Der erfolgreiche Wiedereinzug der Linken in die Bürgerschaft zeigt, dass die Menschen sich nicht von Phantom-Debatten und Hetzkampagnen der Springer-Presse blenden lassen, sondern die Linke aufgrund ihrer politischen Inhalte sehr breit und langfristig unterstützen. Sie ist Zeichen einer neuen sozia­len Bewegung."

     

    Eine Zusammenarbeit mit einer anderen Partei, etwa der Hamburger SPD von Bürgermeis­ter Olaf Scholz, die sich dem rechtsgerichteten Seeheimer Kreis in der SPD zuordnet, kam für David Perteck nicht in Frage.

     

    "Gerade angesichts einer SPD-Alleinregierung unter dem Agenda-2010-Verfechter und Hartz-IV-Vollstrecker Olaf Scholz, der damit breite Bevölkerungsschichten in Armut treibt, kann einzig die Linke eine glaubwürdige Opposition machen", ist Perteck überzeugt. "Alle anderen Parteien liegen auf der gleichen Linie wie Scholz und machen keinen Unterschied. Ich werde mich in der Linken hingegen weiterhin für den ökologischen und sozialen Wandel einsetzen!"

  • M
    Mario

    Mit diesem Mamutressort und einem Wirtschaftsmann kappt Scholz die Begehrlichkeiten der rechten Jung-SPDler. Was er aber dafür bekommt, könnte die Bürger ein Mal teuer zu stehen kommen: Der Hafen ist wichtig, aber für den Aufbau von Beschäftigung, für eine ausgeglichene und nachhaltige Entwicklung der Stadt ist der Hafen nicht maßgeblich.

     

    Für mich scheint sich zu wiederholen, was Hamburg bereits mit Airbus und anderen Großprojekten vorgemacht hat: Für Milliarden werden 30.000 oder 40.000 direkte und indirekt vielleicht noch mal 50.000 Arbeitsplätze gesichert. Aber: Wäre das Geld sinnvoller, produktiver und nachhaltiger investiert worden, wäre Hamburg vielleicht viel weiter.

     

    Ich befürchte, dass die Stadt den von der CDU eingeschlagenen Weg der Investitionsruinen fortsetzen wird. Und das kann ja nicht gut gehen. Wenn ein Hafen-Mann für die ganze Wirtschaft zuständig sein soll und gleichzeitig darauf drängt, den Hafen in den Vordergrund zurücken, bleibt für den Rest auch nicht viel.

     

    Ich halte sowieso nicht viel von Standortpolitik. Das ganze Konzept ist krank und dank EU- und anderer Fördermittel ein Satz ohne Boden, ein endlos Kampf und Bezahlen. Da hilft auch eine ausgebaggerte Elbe nicht viel, irgendwann sind die Schiffe zu groß und dann muss der große Hafen kommen. Es wäre viel vernünftiger dies einzusehen, als immer wieder einen Fluß leerzubagern, außerdem sind die ökolog-sozialen Folgen nur schwer im Detail nachvollziehbar.

     

    Tja, der Wähler blieb zu Haus und die Rationalität ging nach Haus. Schade - die SPD bleibt sich treu, Beton, Baggern und Austricksen der Gegner findet jetzt wieder statt. Die Stadt bleibt vielleicht wieder auf der Strecke.

  • I
    Insider

    Hoffentlich wirft Herr Horch einen intensiven Blick auf die Nassbaggerarbeiten der HPA. Jeder weiß, dass so gepeilt wird, dass möglichst viel gebaggert werden muss. Nimmt man das Verfahren der Sedimentverflüssigung hinzu (wird seit Jahrzehnten von der HPA bekämpft), können mindestens 40 Mill. im Jahr eingespart werden!

    Aber so wie ich die Mafia kenne, hat man Herrn Horch bestimmt schon ins Boot geholt!

  • KB
    Karl Bahn

    Na dann Mahlzeit. Dann ist die Handelskammer ja dank SPD direkt am Drücken.

    Dann kann ja hier und da noch eine Kohlekraftwerk gebaut werden. Kohlekraft finden die Sozis ja auch geil. Tempo 80 damit der Wirtschaftsverkehr rollt.

    Autobahnringe um Hamburg. Vielleicht auch mal eine Stadtautobahn wie die SPD es in Berlin will. Da kommt zusammen was zusammen gehört. Vielen Dank Hamburger Wähler, vielen Dank