: Viele kleine Humus-Filme
Warten auf den Großanleger: Das Filmboard Berlin-Brandenburg publiziert seine Jahresbilanz ■ Von Mariam Niroumand
Als erstes ist bitter anzumerken, daß das Filmboard Berlin-Brandenburg es in der Presserundschau seiner Jahresbilanz keineswegs für nötig befunden hat, die taz zu zitieren, die doch seit einem Jahr mit ihm bangt und zagt und dies auch in großen Interviews mit dem großen Vorsitzenden Klaus Keil dokumentiert hat. Die im Dunkeln sieht man eben nicht.
Die Jahresbilanz des seit August 94 tätigen Filmförderungsgremiums läßt insofern aufmerken, als hier erstmalig Aussicht auf ein Ende der albernen Regionalförderung besteht. Sie verlangt, daß die Länderförderungen nur unterstützen, was unmittelbar vor Ort „Effekte“ zeigt, also Arbeitsplätze, Devisen, klingende Münze und so weiter.
Bei einem aktuellen Projekt von Volker Schlöndorff, „Der Unhold“, der Verfilmung eines Romans von Michel Tournier, verzichtet die Filmstiftung Nordrhein- Westfalen auf ihren „Wirtschaftseffekt“, und im Gegenzug stellt das Filmboard Berlin-Brandenburg Mittel in der gleichen Höhe zur Verfügung, die wiederum für in Nordrhein-Westfalen entstehende Filme verwandt werden. Ein weiteres Grundübel der deutschen Filmförderung wird angeblich beherzt angegangen, nämlich die Zersplitterung in Vertriebs- und Abspielförderung, die dazu führte, daß fertiggestellte Filme nur in einem Bundesland gestartet werden konnten. Keil sprach davon, daß auch „die Politik“ sich mit dieser Form von Harmonisierung anzufreunden versucht. Andererseits sollen die großen Länderförderungen sich mit jeweils 200.000 Mark für eine bessere Auslandsförderung ins Zeug legen.
Das allerschickste Wunschprojekt des Mannes Keil und seiner Konsorten plauderte Variety schon in Cannes aus: Es soll einen privaten Investmentfonds geben, der mit einer Einlage von 100 Millionen Mark herumwirtschaften soll. Ein schönes Geld! Es soll von guten Banken, „der Industrie“ und dem potenten Großanleger kommen, auf den auch wir hier schon seit geraumer Zeit warten. Komm nur, Großanleger!
Auch hübsche moderne Worte sind im Rennen: „Incentive Funding“ will man künftig betreiben, und gemeint ist, einer begrenzten Zahl von etablierten Produktionsfirmen eine Anschubfinanzierung zu geben, damit die Produzenten Luft genug haben, gleichzeitig mehrere Projekte anzugehen. Einige haben diese Förderung bereits erhalten.
Auf den Vorwurf, er fördere zuviele große, amerikanische Produktionen mit herzlich wenig Regionaleffekt, der ihm bereits den Kosenamen „Mr. America“ eintrug, reagierte Keil abmoderierend. „Eine Verkettung von Zufällen“ nannte er in einem Gespräch mit der Filmwoche die Häufung großer Batzen auf seiner Bilanz. Projektstau. In Wahrheit seien doch „die kleinen Projekte der Humus, aus dem etwas hervorwachsen kann, soll und muß“.
Die Broschüre ist erhältlich beim Filmboard Berlin-Brandenburg.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen