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■ Mit deutschen Werften auf du und duViele gehen von Bord

Berlin (taz/AP) – Das Verlöschen des Bremer Vulkan ist nur der zunächst letzte Akt des Werftensterbens in Deutschland. In den westdeutschen Küstenländern Schleswig-Holstein, Bremen und Niedersachsen bauten Anfang der 70er Jahre noch 80.000 Menschen Schiffe. Heute sind es gerade mal 29.000.

In Bremen stehen nur noch 1,5 Prozent der Beschäftigten auf der Lohnrolle einer Werft. Dennoch gilt der Vulkan in dem Stadtstaat als strukturbestimmend: 14.000 Leute arbeiten in Zulieferbetrieben und anderen Firmen, die mehr oder weniger abhängig sind – und das bei einer Arbeitslosigkeit von heute schon 15,7 Prozent.

Krisenbranche ist der Schiffbau auch in Niedersachsen. Allerdings arbeiten von den rund 7.000 Werftarbeitern 1.900 beim Branchenstar Meyer-Werft, der sich erfolgreich auf große Kreuzfahrtschiffe spezialisiert hat. Auch Schleswig-Holstein mit seinen 7.000 Werftarbeitern hat mit der HDW Howaldtswerke-Deutsche Werft, bei der knapp 3.700 Beschäftigte in Lohn und Brot stehen, ein Vorzeigeunternehmen. Den Preis für die schwarzen Zahlen mußten allerdings 1.000 Leute zahlen, die ihren Job einbüßten.

In Mecklenburg-Vorpommern verdienen je etwa 2.000 Menschen ihren Lohn bei den beiden größten Schiffbaubetrieben Stralsunder Volkswerft und der Meerestechnikwerft Wismar. Dank erneuten Subventionen aus dem Steuersäckel für ihre Modernisierung wird das für die meisten von ihnen wohl auch längerfristig so bleiben. Obwohl das Vulkan-Management 854 Millionen Mark vertragswidrig in den Westen verschoben hatte, ist die Liquidität der Betriebe gesichert. Bis zum nächsten Privatisierungsversuch im kommenden Jahr ist eine Dachgesellschaft von Bund und Land im Aufbau. Aufträge sind ausreichend vorhanden. In Wismar allein haben sie bis Ende 1998 ein Volumen von rund 1,4 Milliarden. In Stralsund steht für die nächsten beiden Jahre ein Auftragsvolumen von knapp einer Milliarde.

Unberührt vom Vulkan-Desaster, hat die Rostocker Warnow-Werft der norwegischen Kvaerner-Gruppe ihre Rekonstruktion abgeschlossen und will nun den Beweis antreten, daß entgegen allen Unkenrufen im europäischen Containerschiffbau Geld zu verdienen ist. Sie zog dieser Tage einen 275- Millionen-Mark-Auftrag an Land. Erstmals habe sich damit die Rostocker Werft nach dem Wegfall der öffentlichen Hilfen gegen internationale Mitbewerber durchgesetzt, betont Geschäftsführer Martin Landtman.

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