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Videoüberwachung nach TerroralarmBVG-Kameras erkennen keine Taliban

Im September hatten Terroristen Anschläge in Deutschland angekündigt. Die Berliner Polizei suchte auch mit den Kameras in U-Bahnhöfen nach möglichen Tätern - ohne etwas zu finden.

Nach den Terrorwarnungen im vergangenen Spätsommer hat die Polizei erstmals auch über die Kameras in den U-Bahnhöfen Ausschau nach Verdächtigen gehalten. Vom 30. September bis zum 14. Oktober wurden einzelne Stationen überwacht, sagte Innensenator Ehrhart Körting (SPD) am Dienstag nach der Sitzung des Senates. Die Kontrollen hätten allerdings keine Anhaltspunkte auf einen bevorstehenden Anschlag geliefert.

Ende September 2009 war ein Video aufgetaucht, in dem ein deutschsprachiger Taliban-Kämpfer drohte, durch den Bundeswehreinsatz in Afghanistan werde "ein Angriff auf Deutschland für uns Mudschaheddin verlockend". Dazu wurden Fotos eingeblendet vom Brandenburger Tor, dem Hamburger Hauptbahnhof, dem Münchner Oktoberfest, dem Kölner Dom und der Skyline von Frankfurt. Die Berliner Polizei teilte mit, sie werde verstärkt in Bussen und U-Bahnen Streife laufen und Personen kontrollieren. Fahrgäste sollten die Polizei alarmieren, wenn sie herrenloses Gepäck sehen. In München wurde der Oktoberfestplatz geräumt.

Wie Körting jetzt mitteilte, nahm auch ein Polizist in der Leitstelle der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) Platz. Dort laufen live die Kamerabilder aus den U-Bahnhöfen ein. Es wurden gezielt einzelne Bahnhöfe überwacht, sagte Körting, ohne deren Namen nennen zu wollen. Die Kameraaufnahmen wurden nicht gespeichert.

Vor zwei Jahren hatte das Parlament mit einer umstrittenen Änderung des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes (Asog) festgeschrieben, wann die Polizei U-Bahnhöfe überwachen darf, um Straftaten bereits im Vorfeld zu verhindern: wenn es um "Straftaten von erheblicher Bedeutung" geht und es einen "hinreichenden Anlass" gibt. Neben dem Video habe es noch "weitere Hinweise" gegeben, sagte Körtings Sprecherin Nicola Rothermel am Dienstag. Aus Sicherheitsgründen dürfe sie aber nicht sagen, woher diese Hinweise kamen.

Die Öffentlichkeit wurde - über die viel diskutierten Videos hinaus - nicht noch zusätzlich von der Polizei gewarnt. "Damit würde man Panik schüren", so Rothermel. Eine Warnung käme nur dann in Frage, wenn es Hinweise auf einen genauen Ort und einen Zeitpunkt für einen Anschlag gebe. So konkret seien die Hinweise allerdings nicht gewesen.

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4 Kommentare

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  • RM
    Regine Metes

    Deutsche Küche.

    Da gehen wohl in Deutschland alle Lichter an bei der Drohung: ein Taliban in Berlin.

    Man wähnt sich so weit weg und ergeht sich in Begeisterung für die Terroristenjagd. Nun holen uns hier eventuell die toten Taliban ein?

    (Ein Taliban sieht sich sicherlich nicht als Terrorist, sondern als aufrichtiger Kämpfer für seinen Glauben und hat übrigens auch Frau und Kinder).

    Vermutlich eine Drohung, ein Hinweis darauf, daß es allmählich genug ist - und nicht mehr.

  • Z
    zarl

    "In München wurde der Oktoberfestplatz geräumt."

    Der Platz heisst Theresienwiese, und es gab sicherlich ein auf den ersten Blick ziemlich martialisches Aufgebot um den Festplatz herum, d.h. alle Zufahrten wurden weiträumig abgeriegelt. Die Hundertschaften der Bereitschaftspolizei wirkten trotzdem recht entspannt, die genossen nach Möglichkeit das sonnige Wetter.

    Aber es wurde nichts geräumt, das ist Quatsch.

     

    "Die Kameraaufnahmen wurden nicht gespeichert."

    Lustige Aussage... das Material wird doch permanent gespeichert, oder ist denen (wie neulich am Flughafen von Newark) das ganze System ausgefallen, und keiner hats gemerkt?

  • DE
    Der erste Taliban in Berlin

    Herr Peres ist in Belin, Herr Karzai ebenfalls, nur der erste Taliban ist bislang ausgeblieben.

    Wer die Polizei derzeit in Berlin erlebt, bekommt den Eindruck des Ausnahmezustands.

    Alle sind infiziert, es ist der totale Schwachsinn.

    In Deutschland muß man leider immer übertreiben: in der Überwachung, in der Machtgier.

    "Denk' ich an Deutschland in der Nacht, bin ich um den Schlaf gebracht".

  • D
    Danny

    Die Überschrift passt hier überhaupt nicht und wirkt auch leicht arrogant. Ist der Verfasser der Titelzeile etwa mit der täglichen Arbeit von Sicherheitsbehörden vertraut? Bei allem Respekt: Wohl kaum, denn dann wüsste er, dass es nicht ausgerechnet Taliban wären, die Anschläge in Deutschland begehen würden.

     

    Niemand hat behauptet, dass "Taliban" per Video erkannt werden können - durchaus aber aufklärungswürdige Vorgänge durch erfahrene und geschulte Polizisten. Wenn jemand z.B. einen großen Koffer abstellt und dann sofort wegläuft - sollte man sich dann nicht mal den Koffer anschauen? Bekanntlich geschah das ja schon einmal.

     

    Und ist der Umstand, dass dort ein Polizist bei der Videoüberwachung zugeschaut hat, eine Meldung wert? Wenn man nicht für die gänzliche Abschaffung der Polizei ist, sollte man die auch ihre Arbeit ordentlich (also auch mit verhältnismäßigen Mitteln) erledigen lassen - und da hier nicht aufgezeichnet wurde und erst recht keine "Bewegungsprofile" angefertigt, war das doch wohl kein relevanter Eingriff in Bürgerrechte. U-Bahnen sind öffentlicher Raum. JedeR, der oder dem man dort begegnet, kann PolizistIn sein, auf dem Nachhauseweg, aber auch dann noch mit Polizeibefugnissen ausgestattet. Oder ZivilbeamteR. Der/die PolizistIn greift am Monitor nicht tiefer in Bürgerrechte ein, als wenn er oder sie mit wachen Augen auf einem Bahnsteig steht.

     

    Natürlich hat die Polizei - vielleicht nicht ganz sichere - Informationen zu "Gefährdungsspitzen" und "örtlichen Schwerpunkten", wie sie das nennen. Da sie nicht überall sein können, richten sie sich danach, und dass sie nicht vorher an die große Glocke hängen, ist ebenfalls trivial.

     

    Fazit: Hier wurde niemand in größerem Ausmaß, als man es ohnehin erwarten muss, beobachtet, und Extra-Aufzeichnungen erfolgten auch nicht. Wo liegt das Problem?