piwik no script img

Videospiel „Assassin's Creed 3“Der mit den Rotröcken tanzt

Der Halbindianer Connor durchlebt in „Assasin's Creed 3“ die Anfänge der USA. In der offenen Spielwelt werden britische Rotröcke getötet.

Connor im Kampf gegen die Rotröcke. Bild: promo

HAMBURG taz | Wie war das noch mal mit den Anfängen der USA, dem Wandel von der Kolonie zur eigenständigen Nation? Selbst bei krampfhaftem Nachdenken erinnern sich viele wohl nur an die gähnende Langeweile der Geschichtsstunden. An endlose Vorträge, lustlose Kritzeleien im Zeitstrahl des Unterrichtsbuches.

Das Abenteuer „Assassin's Creed 3“ hilft Geschichtsbanausen nun auf die Sprünge. Die Geschehnisse um die Amerikanische Revolution sind spielerisch extrem vereinfacht, aber interessant genug erzählt, dass manch einer daraufhin vielleicht nochmal seine Kenntnisse in Lexikon und Internet auffrischt.

Als Halbindianer Connor trifft der Spieler Berühmtheiten wie Benjamin Franklin und George Washington, nimmt an geschichtsträchtigen Ereignissen wie der Boston Tea Party teil. Kenner der weltweit 40 Millionen mal verkauften Ableger der Serie ahnen, dass Connor wie seine Vorgänger ein waschechter Assassine ist. Ein Mitglied eines Geheimbundes, der für die Freiheit und gegen die Templer kämpft. Bewaffnet und auf flinken, leisen Sohlen.

So schwingt sich Connor an Ästen entlang, erklimmt Fassaden und springt von Haus zu Haus. Denn der kürzeste Weg im virtuellen Amerika des 18. Jahrhunderts führt über die Baumwipfel und Hausdächer. Dort ist der Assassine nicht nur schneller als die verhassten Rotröcke, die das Treiben auf den Straßen kontrollieren. Er genießt weit oben auch eine tolle Aussicht auf die detailliert gestaltete Umgebung.

Besonders eindrucksvoll zeigt die sich beim Kraxeln auf eine Kirchturmspitze. Alternativen zum virtuellen Freeclimbing sind das Verstecken im Laubhaufen oder der Menschenmenge. Und der Kampf. Connor stürzt sich entweder auf Feinde hinab, erledigt sie aus dem Hinterhalt einer dunklen Ecke oder stellt sich ihnen offen im Nah- und Fernkampf.

Für Neueinsteiger etwas verwirrend

Zum Beispiel bei der Boston Tea Party, die als Geburtsstunde der Amerikanischen Revolution gilt. Wenn es um ihren Tee geht, verstehen die Engländer bekanntlich keinen Spaß. Als der mit hohen Steuern belegt wird, reicht es den Bostoner Einwohnern. Sie werfen Ladungen voller Tee von Bord der Schiffe und lehnen sich gegen die Allmacht der britischen Regierung auf. Mittendrin Assassine Connor, der Teekisten wirft und mit den Rotröcken kämpft, die das verhindern wollen.

Empfohlener externer Inhalt

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen:

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Im Spiel läuft es ein wenig anders ab als in den Geschichtsbüchern. Details über die britische Gesetzgebung, die Finanz- und Steuerpolitik werden ausgelassen, die Erstürmung der Schiffe erfolgt unmittelbarer. Auch die Details der Aktion selbst weichen etwas ab. Das Ganze ist schließlich ein Spiel, das unterhalten soll. Aber die Grundstimmung wird gut wiedergegeben: die Wut auf die Kontrolle durch die Rotröcke, der Wunsch nach Unabhängigkeit von der britischen Regierung.

Während die Geschichte um die amerikanische Geschichte Fans von Abenteuerspielen in ihren Bann zieht, scheint die Rahmenhandlung für Neueinsteiger in die Serie etwas verwirrend. Wer zum ersten Mal in die Rolle eines Assassinen schlüpft, sollte sich die Details um den Kampf gegen die Templer, den modernen Helden Desmond und seine Erinnerungszeitmaschine namens Animus, in den passenden Videos im Internet ansehen, um die immer wieder auftauchenden Handlungsstränge in der heutigen Zeit zu verstehen.

Im historischen Boston, New York und der angrenzenden Wildnis ist die Geschichte gut nachvollziehbar und spannend in Form von Dialogen und Filmsequenzen erzählt. In den Hauptaufgaben muss Connor zum Beispiel Verbündete beschützen, einen Hauptmann aus dem Weg räumen oder Gefangene befreien. Dabei kommen regelmäßig seine Waffen und Kletterkünste zum Einsatz. Die sind trotz aller Akrobatik einfach zu handhaben: Beim Druck auf die Schultertaste rennt Connor los und springt oder klettert automatisch in die Blickrichtung.

Viele Nebenmissionen und optionale Aufgaben

Bei manch einer Mission ist anfangs gelegentlich allerdings unklar, was genau zu tun ist, um ein Ziel zu erreichen. Den Weg entlanglaufen oder in schwindelnden Höhen vorankommen, ab durch die Mitte oder anschleichen? Oft hat der Spieler die Wahl, manchmal führt nur ein Weg zum Ziel.

Da hilft nach einem Scheitern nur eins: ein Neuversuch. Das stört bei dem motivierenden Spieldesign aber kaum. Bis die Haupthandlung so richtig losgeht, können in der offenen Spielwelt einige Stunden vergehen. Tiere jagen, Seeschlachten bestreiten und versteckte Gegenstände finden: hier gibt es so viele Nebenmissionen und optionale Aufgaben, dass diese ganze Abende füllen.

Boston und New York sind für Videospieler eine Reise wert. Die offene Spielwelt fühlt sich lebendig an und die Geschichte fesselt. Handeln, sammeln, zur See fahren und Geschichten am Lagerfeuer zuhören: hier gibt es so vieles zu tun, dass wohl nur wenige alles in „Assassin´s Creed 3“ erkunden und erledigen. Da stören kleine Details wie ein gelegentlicher Neustart wegen einem missverstandenen Missionsziel ebenso wenig wie die Tatsache, dass Fans das altbewährte Spielprinzip mittlerweile schon Stunden über Stunden in den Vorgängern durchexerziert haben. Eins der schönsten Action-Abenteuer der Saison.

„Assassin's Creed 3“ erscheint am 31.10.2013 für alle Plattformen (außer DS).

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

10 Kommentare

 / 
  • K
    Kurt

    Lasst uns alle Gewalt aus den Köpfen streichen!

    Die Sansculotten erstritten ihre Freiheit mit dem Trommeln auf Barriquefässern und 1945 entzündeten die Alliierten Lichterketten um Deutschland und zwangen Hitler so zur Aufgabe. AMEN!

     

    Ist es nicht erfreulich, wenn ein Spiel das Interesse für Geschichte, beim Rezipienten wecken kann auch wenn es sicher nicht Intention eines solchen ist? Immerhin hat es dann mehr geschafft, als manch ein Geschichtslehrer in der Schule. (An dieser Stelle einen Dank an Herrn M. für drei tolle Jahre Geschichts LK)

     

    Egal, worauf ich hinaus will ist, dass es mich überaus freut in der Taz auch mal einen Artikel über das mitlerweile kaum mehr wegzudenkende und trotzdem so oft verteufelte Medium "Computerspiel" zu finden.

    So fühle ich mich als politikbewusster Konsolenbesitzer nicht ganz so schlecht. Also bitte, weiter so!!!

  • JZ
    jan z. volens

    Noch weit interessanter GONZALO GUERRERO - ein Spanier welcher 1511 auf einen Schiff von Panama nach Kuba reisen wollte. Das Schiff (damals grosse Kaehne !) erleidete Schiffbruch vor der Kueste Yucatans. Die May verspeisten die Spanier, mit Ausnahme von GONZALO GERRERO und FRANCISCO DE AGUILERA. GONZALO wurde in einen Maya-Stamm eingereiht, tattooiert, bekam eine Frau und hatte Kinder. FRANCISCO wurde Gemeindesklave. 1517 landeten Spanier von Kuba in Yucatan - und fingen zwei Maya welche sie nach Kuba nahmen und als Dolmetscher ausbildeten, 1518 kamen die Spanier wieder nach Yucatan und hoerten dann ueber GONZALO GUERREO und FRANCISCO DE AGUILERA. GONZALO weigerte sich die Spanier zu treffen, weil sein Gesicht tattooiert war, und seine Kinder: "Seh da meine beiden schoenen Soehne !" Spaeter fuehrte GONZALO GUERRERO den Kampf der May gegen die Spanier und fiel in einer Schlacht. FRANCISCO DE AGUILERA wurde dann Hernan Cortez' Dolmetscher 1519 fuer die Eroberung des Aztekenreiches. Cortez sprach mit Aguilera in Spanisch, Aguilera sprach mit "Malinche" (eine Aztekin welche auch Mays sprach) in Maya, und "Malinche" dolmetschte dann vom May in das Nahuatl (die Sprache der Azteken - noch heute gesprochen von 2+ Millionen). In Ciudad Chetumal, Staat Quintana Roo/Mexico steht ein riesiges, dramatisches Denkmal fuer GONZALO GUERRERO und die Maya Ze'chia - die Eltern der ersten Mestizen Mexikos. (Aber nicht der Amerikas - die kamen schon 1493 - ein Jahr nach Kolumbus...)

  • G
    GenXNeo

    Wat, die TAZ schreibt Gameskritiken? Muss wohl mal wieder eine Zeitung von euch kaufen, Respekt!

    Übrigens sehr schön geschrieben, der Artikel. Ich spiele es seit gestern und bin (als 46-jähriger Power-Gamer) ziemlich begeistert. Die geschichtliche Thematik ist zwar genau so casual wie die Spieldynamik aller Assassin's-Creed-Teile, aber es macht trotz der kleinen Macken jede Menge Spaß - und das ist es doch, worauf es für den Spieler ankommt. Wenn dann noch die politische Sichtweise nicht zu indoktriniert patriotisch wie bei einem Call of Duty heruberkommt, ist das guter zusätzlicher Geschichtsunterricht, der zwar nicht zu 100% korrekt ist, aber doch so viel mehr vermittelt, als die graue Theorie in Schule oder Studium.

  • N
    Nucho

    Das ist doch völlig kritiklose Lobhudelei. Das Spiel hat leider das gleiche Problem wie die zahlreichen Vorgänger, es ist viel, viel zu einfach. Ein weiterer Schwierigkeitsgrad ist nicht vorhanden. Das ist, in meinen Augen, das genaue Gegenteil von "motivierendem Spieldesign".

  • M
    Milou

    Leider ist die beschriebene Situation der Tea Party wirklich aus veralteteten Schulbüchern. Die sogenannten Rebellen waren deshalb als Indianer verkleidet ( doppelt Schade, dass die Hauptfigur des Spiels ein Indianer ist ),weil Sie erreichen wollten, dass der damals durch die englischen Gouverneure existierende Schutz dieser Ureinwohner und ihrer Ländereien aufgehoben wird. Es hatte wenig mit dem Wunsch nach Unabhängigkeit zu tun. Also vielleicht ein gutes Spiel, aber ganz sicher kein guter Geschichtsunterricht...

  • T
    TomKaGai

    Toller Artikel, wie bis jetzt alle von Nina zu dem Thema PC - Spiele. Find ich cool dass die TAZ zu dem Thema allgemein was zu sagen hat und dann auch noch lesenswertes, zumindest für mich.

  • T
    tecumseh

    aufwendiger kolonialramboblödsinn.

    anreiz zur bildung ist was anderes.

    keine sozialstudien nur der einsame vollprofikiller

    als kämpfer für was? gegen britische kolonialinteresssen jedenfalls.

    so werden sie dargestellt die einsamen

    neuen helden, unerreichbare kampfeskraft

    und voll auf dem egomaniatripp.

    eine echte groteske...

  • P
    Peacemaker

    Krieg, Krieg, Krieg. Der oder ich. Keine andere Logik. Keine andere Geschichte. Seufz.

  • BJ
    Ben J.

    Assassin's Creed 3“ erscheint am 31.10.2012 – also heute – und nicht erst in einem Jahr. Ansonsten: toller Bericht. Bei uns freuen sich zwei Generationen auf Connor!

  • P
    Peter

    peinlich, dass man anhand der titelunterschrift "In der offenen Spielwelt trifft werden britische Rotröcke getötet." noch nachvollziehen kann, wie ihr euch dann doch noch schnell für die reißerische variante entschieden und dabei ein wörtchen übersehen habt.

    ich kenne das spiel nicht; dass in dessen lauf irgendjemand ins virtuelle gras beisst ist selbstverständlich und interessiert mich genau so wenig, aber zu sehen wie ihr schon bei etwas derart irrelevantem wieder mal auf die niederen instinkte setzt, um auf klickfang zu gehen, finde ich schade.

    geht wohl heutzutage nicht mehr anders und ihr müsst genau so mitspielen wie jede andere webseite auch.