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Video entzweit Grüne

■ Das umstrittene Olympia-Video führt zwischen West-Grünen und Ost-Bündnis 90 zu einer Grundsatzdebatte

Berlin. Der Streit zwischen Bündnis 90 und den West-Grünen um das umstrittene Olympia-Video weitet sich zu einer Grundsatzdebatte aus. Der Landesverband von Bündnis 90 forderte gestern die Fraktion von Bündnis90/ Grüne im Abgeordnetenhaus auf, sich mit der Gewaltfrage auseinanderzusetzen. Auf Kritik stieß die Entscheidung der Fraktion, die am Vortag jede Rücktrittsforderung an die Adresse ihrer sportpolitischen Sprecherin Judith Demba abgelehnt hatte. Anstatt den Konflikt über das Verhältnis zur Gewalt auszutragen, decke ihn die Fraktion mit ihrem Beschluß zu. Das Vorstandsmitglied des Bündnis 90, Thomas Kreutzer, forderte zugleich, Demba und den Grünen- Vorständler Esser aus der Kommission abzuziehen, die die Vereinigung der beiden Parteien berät.

Am Dienstag abend hatte die Fraktion nach vierstündiger Debatte den Herstellern des Olympia-Videos empfohlen, die „ironisierenden Passagen“ so zu verändern, daß sie nicht „zum Gewaltvorwurf gegen die Anti-Olympia- Bewegug benutzt werden können“. Gegen diese Passage der Empfehlung hatten sich bei der Abstimmung allerdings fünf Mitglieder gewandt, zehn waren dafür. An dem Film, der einige umstrittene Gewaltszenen zeigt und in den letzten Tagen für Wirbel gesorgt hat, ist unter anderem Demba beteiligt.

Trotz nach außen hin vorgetragener Geschlossenheit sind auch in der Fraktion die Ost-West-Gegensätze aufgebrochen. Der Westberliner Fraktionsvorsitzende Wolfgang Wieland bedauerte gestern gegenüber der taz, daß die Gewaltfrage zwischen den beiden Parteien in Berlin nun eine Relevanz bekomme, „die sie gar nicht verdient“. Die Gewaltfreiheit sei – ebenso wie beim Bündnis – auch ein „fundamentales Prinzip von Grünen und AL“.

Die Ostberliner Fraktionsvorsitzende von Bündnis90/ Grüne, Anette Christina Detering, erwartet von Demba eine Veränderung des Films. Sollte sie sich damit bei den Machern nicht durchsetzen, müsse Demba „eindeutig und unmißverständlich vom Video Abstand“ nehmen. Es gehöre zu einem der Grundsätze ihrer Partei, „auch jegliches Kokettieren mit der Gewalt strikt abzulehnen“. Die jetzt entstandene Debatte wertete sie für die West-Grünen als Anlaß, sich „noch einmal ernsthaft mit dem Prinzip der Gewaltfreiheit zu befassen“. Severin Weiland

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