piwik no script img

Video der baskischen ETAVermummt und ausgebrannt

Von einem Waffenstillstand ist in dem neuen ETA-Video nicht die Rede. Die politische und militärische Erschöpfung der Terrortruppe ist darin aber überdeutlich.

Zunächst ein langer Lobgesang auf den bewaffneten Kampf: Ausschnitt aus dem von der "BBC" gezeigten ETA-Video. Bild: rtr

MADRID taz | Der Vorstand der Baskisch-Nationalistischen Partei (PNV) brachte es schnell auf den Punkt: "Das ist nicht das, was die baskische Gesellschaft erwartet hat", heißt es in einer Erklärung, nachdem der britische Fernsehsender BBC am Sonntagmittag ein Video der baskischen Separatistenorganisation öffentlich gemacht hatte, in dem von der "Entscheidung, keine offensiven bewaffneten Aktionen durchzuführen", die Rede ist. Die Reaktionen aus Madrid sehen ähnlich aus. Für die Sprecher der wichtigsten Parteien ist die Erklärung "ungenügend".

In dem Video, in dem drei Vermummte mit der ETA-Fahne sowie der Fahne des Baskenlandes zu sehen sind, fehle jegliche konkrete Aussage, lautet die Kritik vieler baskischer und spanischer Politiker. Nach einem langen Lobgesang auf den bewaffneten Kampf, in dem die "ETA ein halbes Jahrhundert die Bürger gegen die brutale Strategie der Negierung und Vernichtung organisiert" habe, erklären die Separatisten lediglich, sie hätten bereits vor "mehreren Monaten die offensiven Aktionen eingestellt". Doch ist nicht davon die Rede, ob dies zu einem permanenten Waffenstillstand führen wird, oder ob die ETA, deren Aktionen bisher weit über 800 Menschenleben zum Opfer gefallen sind, gewillt ist, die Waffen endgültig niederzulegen. Für die ETA hat sich "der baskische Autonomieprozess erschöpft", deshalb müsse jetzt "in einem demokratischen Prozess" eine "dauerhafte, gerechte und demokratische Lösung für den jahrhundertealten politischen Konflikt" im Baskenland gesucht werden, heißt es. Die ETA bietet der Regierung in Madrid Verhandlungen an.

"Wir können uns nicht darauf verlassen, deshalb wird die Regierung und das Innenministerium die Antiterrorpolitik aufrechterhalten", kündigte der Innenminister der sozialistischen Regierung von José Luis Rodríguez Zapatero, Alfredo Pérez Rubalcaba, gestern an. Zu gut ist ihm der letzte Waffenstillstand der ETA aus dem Jahr 2006 in Erinnerung. Damals erklärte die ETA eine "permanente Waffenruhe". Madrid nahm Gespräche auf. Noch vor Ablauf eines Jahres kehrte die ETA zu den Waffen zurück und sprengte ein Parkhaus des Madrider Flughafens Barajas. Zwei Menschen kamen dabei ums Leben.

"Die ETA setzt die Aktivitäten aus, weil die Organisation nicht mehr anders kann", ist sich Rubalcaba sicher. Allein in den ersten drei Monaten dieses Jahres wurden 32 ETA-Mitglieder verhaftet, unter ihnen die gesamte ETA-Führung. Seit 2008 fielen insgesamt sechs ETA-Führungen in die Hände der Polizei. Außerdem hoben die Ermittler im benachbarten Portugal und in Katalonien zwei Sprengstoffdepots und Bombenfabriken der baskischen Separatisten aus. Seit mehr als einem Jahr hat die ETA keine nennenswerten Attentate mehr verübt. Nur in Frankreich wurde ein Gendarm erschossen, als mehrere Separatisten versuchten, in Paris Pkws zu stehlen.

Nicht nur die erfolgreiche Polizeiarbeit, sondern auch innere Widersprüche machen der ETA zu schaffen. Im politischen Umfeld der bewaffneten Separatisten hat sich die Überzeugung durchgesetzt, dass mit dem bewaffneten Kampf nichts mehr zu erreichen sei. Die verbotene ETA-nahe Partei Batasuna verlangte von der ETA immer wieder einen Waffenstillstand.

Der politische Arm des baskischen Separatismus erhofft sich von einer dauerhaften Waffenruhe eine Wiederzulassung. Im kommenden Mai finden Kommunalwahlen statt. Batasuna, die vor dem Verbot 2003 regelmäßig weit über 10 Prozent der Stimmen erhielt, will dann wieder mit dabei sein. Selbst aus den Reihen der mehr als 700 Inhaftierten werden Stimmen für ein Ende des bewaffneten Kampfes laut. Die ETA schloss mehrere Kritiker aus dem Gefangenenkollektiv aus. REINER WANDLER

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

0 Kommentare

Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!