piwik no script img

Video der WocheAstro-Affe kehrt zurück

Die Nasa schickte 1961 den Schimpansen Ham in den Weltraum. Was, wenn er weitergereist wäre? Im Video landet er erst 65 Jahre später wieder auf der Erde – und erkennt sie kaum wieder.

Hallo? Jemand zu Hause? So hatte der Affe Ham seinen Heimatplaneten nicht in Erinnerung. Bild: screenshot/vimeo.com

BERLIN taz | Als „Trailblazer in Space“ („Vorreiter im Weltraum“) galt der erste Menschenaffe, der ins Weltall geschossen wurde. Die ersten Testflüge mit Tieren in den 50er und 60er Jahren bereiteten den Weg für die Flüge von Menschen, die bis zum Mond führen und die ersten Bilder des Planeten liefern sollten. Doch was wäre gewesen, wenn die Schimpansen nicht nur 16 Minuten sondern ein ganzes Menschenleben lang den Weltraum erkundet hätten? Würden sie die Erde wieder erkennen?

Der Schimpanse Ham wurde 1961 unter 40 Kandidaten ausgewählt. Bei seinem Flug sollte er testen, ob einfache Aufgaben auch in der Schwerelosigkeit ausgeführt werden können: Innerhalb von fünf Sekunden nach einem blinkenden blauen Licht musste der Schimpanse einen Hebel betätigen. Erfolge wurden mit Bananen belohnt, schaffte er es nicht wurde er mit Elektroschocks bestraft. 16 Minuten verbrachte Ham im All. Danach lebte er noch 17 Jahre lang im Zoo von Washington D.C.

Doch in dem gemeinsamen Film der Umweltorganisation WWF, der Werbeagentur Leo Burnett (bekannt als Erfinderin des „Marlboro Man“) und des australischen Popmusikers Ben Lee geht es nicht um Tierquälerei, sondern um die Zerstörung des Planeten durch die Menschen. Sie denken die Geschichte von Ham weiter – so als wäre er nie zurückgekehrt.

Space Monkey from Leo Burnett on Vimeo.

65 Jahre nach seinem Abflug, also etwa 2026, schwebt ein ergrauter Schimpanse in einem schicken Nasa-Raumanzug durch einen erstaunlich bunt gefärbten Weltraum. Er stößt auf eine blau-weißen Planeten und lächelt, fast unmerklich. Der Raumfahrtpionier ist zurück gekehrt zu seinem Heimatplaneten. Seine Kapsel brennt sich durch eine ockergetönte Atmosphäre, bevor er schließlich in einer verlassenen Stadt landet. Die Fenster der Gebäude sind leer, die Bäume haben keine Blätter, bestürzt schaut der Schimpanse auf den staubigen Boden.

Es ist ein ruhiger Film, der die Geduld nervös klickender Surfer strapazieren dürfte. Wer einen schnell geschnittenen Werbefilm mit bissiger Pointe erwartet, wird enttäuscht sein. Stattdessen kommt der vierminütige Film mit nur dreißig Schnitten aus. Ben Lees „Song for the Divine Mother of the Universe“ ergänzt die Atmosphäre des Filmes perfekt mit einer sehnsüchtigen Liebeserklärung: „It's not a planet. It's our home.“

(Wer sich Sorgen um den Schimpansen macht, der im Film vorkommt: Das „Behind the scenes“-Video zeigt, dass er nur ein maskierter Mensch ist.)

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

2 Kommentare

 / 
  • K
    kuanyin

    So nett, wie es sich hier liest, war die Sache für Ham, den Schimpansen, wohl nicht. Ebenso wie für viele andere, die von der NASA für zum Teil grauenhafte Experimente mißbraucht wurden.

    Hams Geschichte findet sich hier:

    http://www.releasechimps.org/chimpanzees/their-stories/ham/

    "Ham was captured in 1957 from the French Cameroons, West Africa, shortly after his birth. He would have witnessed the killing of his mother - an inevitable scenario to capture a baby from her. He was brought to Holloman Air Force Base in 1959.

    During Ham’s descent, technical problems led the capsule to overheat and plunge into the Atlantic Ocean. Water began to seep into Ham’s capsule. Fortunately, he was rescued.

    News photos following Ham’s successful flight showed a “smiling” chimpanzee among his human peers at NASA. But a demonstration designed to show the press how much Ham enjoyed his capsule was a failure. As cameras rolled, four adult men could not get Ham to reenter his space capsule, even though he had been trained that his refusal would result in painful electric shocks.

    Ham’s so-called “smile” was a fear grimace, which looks similar to a human smile. Indeed, the famed primatologist Dr. Jane Goodall noted that he was the most terrified chimpanzee she had ever seen. Yet the truth behind Ham’s so-called smile was rarely, if ever, discussed in the media that covered this event. In fact it could not have been more dangerous or cruel for the young chimpanzees “enlisted” into the space program.

    In 1963, this celebrated chimpanzee was allowed to “retire” from research and was transferred to the National Zoo in Washington D.C. where he lived alone, for 17 years, despite the highly social nature of his species. He was then moved to the North Carolina Zoo. He died three years later at the age of 26 - approximately half the expected lifetime for a captive chimpanzee. His treatment during space research and missions and his “retirement” into circumstances more for the viewing U.S. public than for his own best interests are tragic examples of science’s moral neglect.

    In addition to Ham, five-year-old Enos also went into space, orbiting the earth twice, five months after Ham’s flight. Enos’ flight was terminated prematurely after an equipment malfunction:

    Due to a malfunction inside the capsule, Enos was given an electric shock for every correct maneuver he made, a reward-punishment system that contradicted over a year of training. Rather than alter his behavior, Enos endured the shocks and performed the flight tasks he knew were right.

    - Nicht lustig, oder?

  • LW
    Lukas Wimmer

    Ich bin mir nicht sicher, aber ich meine die Filmaufnahmen der Stadt aus einer Tscherbobyldokumentation zu kennen. Wenn das Tschernobyl ist, hat der Satz am Ende eine Weitere Bedeutung. Toller Clip!