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Video der Woche„There is no honor in this“

Die Occupy-Proteste in New York sind kein Krieg. Das scheinen die New Yorker Polizisten nicht begriffen zu haben, findet ein Irakkrieg-Veteran.

Sergeant Shamar Thomas' Ausbruch sorgt für Überraschung. Bild: Screenshot youtube.com

Am 15. Oktober haben Tausende in New York, wie auch in fast eintausend Städten weltweit, demonstriert. Auch Sergeant Shamar Thomas war an diesem Abend unterwegs. Der kräftig gebaute Irakkrieg-Veteran trug seine Uniform lässig aufgeknöpft, mitsamt Medaillen. "See these, they don't lie", ruft er in einem inzwischen weitverbreiteten Video - die Medaillen lügen nicht.

Kurz darauf steht Thomas am Rand des Times Square vor einer Gruppe Polizisten, die Demonstranten auf einer Straße vor sich herschieben. "Das ist kein Kriegsgebiet", ruft der entrüstete Thomas. "Es ist nicht ehrenhaft Unbewaffnete zu schlagen! Diese Leute haben keine Waffen!" Die Polizisten schauen unsicher, schauen beschämt, schauen weg. Die anderen Menschen, die Thomas umringen, schauen erstaunt und filmen.

"Wenn ihr Krieg wollt, fahrt doch nach Irak oder Afghanistan", fährt Thomas fort. Er selbst hat 14 Monate im Irak verbracht, an der Schlacht um Falludscha teigenommen. Seine Eltern haben im Irak und in Afghanistan gedient. Sein Großvater im Vietnamkrieg, sein Urgroßvater im zweiten Weltkrieg. "Ich bin aus New York und muss mir anschauen, wie die Polizei den Menschen wehtut, für deren Sicherheit ich gekämpft habe", erklärt er zum Schluss des Videos in die laufenden Handykameras, "ich werde das nicht zulassen."

Thomas und seine Familie repräsentieren die größten amerikanischen Tugenden: Vaterlandsliebe, Militärehre und Mumm, die eigene Freiheit gegenüber dem Staat zu vertreten. Selbst linksliberale Kommentatoren sind in den USA nationalistisch und betonen, dass sie die "schlechten Kriege" ablehnen aber Respekt empfinden für die "tapferen Soldaten, die uns dienen". Im Netz wird das Video entsprechend kommentiert: "1 Marine gegen 30 Bullen". Natürlich ist der einsame Soldat der Sieger des Abends.

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Zwei Tage später ist Thomas beim Fernsehmoderator Keith Olberman in die Show "Countdown" eingeladen. Dort erzählt er, "Ich möchte die Kriegsveteranen inspirieren, sich den Protesten anzuschließen. Viele haben das Gefühl, sie dürften nicht gegen die Regierung sprechen."

Und am Ende bedankt sich auch der linksliberale Olberman bei Shamar Thomas, für dessen Militärdienst im Irak, die Dienste seiner Vorfahren und seinen Einsatz in Manhattan.

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9 Kommentare

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  • H
    Hasso

    Toller Mensch, mit Mut! Hut ab! Die Polizei beschützt indessen mal wieder die Gangster Institutionen.

  • A
    Anton

    Also der einzige, zumindest in diesem Video, der ein gewisses Aggressionspotential aufweist, ist nach meinem Empfinden ein Soldat, der Aufmerksamkeit suchend mit seinen im Krieg "verdienten" Medaillen prahlt. Und weil er zudem vielleicht ein bisschen viel "erlebt" hat, erntet er eher mitleidige als beschämte Blicke, so würde ich das interpretieren.

  • K
    Kalle

    Na, dann hoffen wir mal, daß der Veteran selbst nur die in seinen Augen (oder Befehlen) "Richtigen" im Irak getroffen hat.

  • WS
    Wolgang Schmidt

    So sehen Helden aus!

    Mehr gibt es dazu nicht zu sagen.

     

    Stoppt grundlose Polizeigewalt - weltweit!

     

    Es gibt einfach keinen einzigen plausiblen Grund, weswegen Polizisten, als Staatsbeamte, mit Gewalt gegen friedliche Demonstranten, gegen des Volkes Stimme dessen Angestelle die Polizisten sind, vorgehen sollten.

  • J
    Jochen

    Natürlich sollten diese Polizist_innen sich schämen, für das was sie tun. Aber den Vergleich mit einem Soldaten, dessen Beruf unter anderem darin besteht zu töten und die Schlussfolgerung, dass dies ehrenhaft sei, weil die Menschen, die er tötet Waffen tragen - zumindest manche - macht mich traurig. Weder Krieg noch das Vorgehen gegen die Proteste haben etwas ehrenvolles an sich, sondern sind letztlich auch Zeichen persönlicher Überforderung damit politische Entscheidung in die Tat umsetzen zu müssen.

    In den USA mag dieser Mann durch seinen Status als Irakkrieg-Veteran besonders angesehen sein. Schade jedoch, dass diese Ansicht hier unterstützt wird. Letztlich ist er doch einer unter vielen und zudem jemand, der sich entschied Soldat zu werden.

  • D
    DerClausi

    Ob er sich selbst die gleiche frage ("why you hurting these people?") gestellt hat, als er in irak war? oder gilt das nur für "US-citizens"?

  • R
    Rainer

    Toller Auftritt!

    Er tritt ein für Meinungsfreiheit, Grundrechte, Gewaltfreiheit, Fairness und Ehre. Ich freue mich, dass die Amis noch Respekt haben vor Menschen die für Ihr Vaterland ihr Leben riskiert haben. Ich bin zwar auch kein Befürworter von Kriegen, aber es sind nicht die Soldaten die diese Kriege beschließen sondern die Politiker. Ich vermute in Deutschland wäre er von den Polizisten verprügelt worden und die Demonstranten hätten geklatscht. Ich würde mir wünschen mich bei dieser Vermutung zu irren und davon in Zukunft auch überzeugt zu werden. Ich glaube unsere Veteranen haben den selben Respekt verdient (nein, ich bin keiner).

  • A
    Athi

    LOOOOL, bei der TAZ kommen Irakkriegs-Veteranen zu Wort, selbstverständlich aber nur, solange der "Mörder" (So nennt Ihr sie doch sonst!) Euch nach dem Mund redet.

  • A
    Aggel

    Warum ist das Youtube Video nicht in Originalgröße eingebunden?

     

    Weil es dann nicht in das taz.de-Seitenlayout passen würde. Die Red.