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Video der WocheShitstorm gegen Mr. Gutaussehend

Das Modeunternehmen Abercrombie & Fitch möchte nur an schöne Menschen verkaufen. Doof nur, wenn dann Kleidung dieser Marke an Obdachlose verschenkt wird.

Zahllose Sixpacks eröffneten 2011 den Flagship-Store von Abercrombie & Fitch in Singapur. Bild: dpa

Das US-amerikanische Modeunternehmen Abercrombie & Fitch gilt als gleichfalls junge wie hippe Marke. Die Inneneinrichtung ihrer Läden ahmt Diskothek und Laufsteg nach. Dafür sorgen Beachparty-taugliche Clubmusik, abgedunkelte Fenster, Plastikpalmen und fast penetrant durchdringender süßlicher Duft, der die Kundinnen und Kunden einnebelt.

Besonders der Chef des Bekleidungsunternehmens mit weltweit mehr als 1.000 Shoppingtempeln ist bestrebt, dieses „Lebensgefühl von ewiger Jugend, Schönheit, Makellosigkeit“ (Spiegel Online) aufrecht zu halten. Mike Jeffries heißt dieser CEO und Biff Tannen-Lookalike. Viele Interviews gibt er nicht, aber wenn der 68-jährige spricht, dann sorgt er mit seinen Äußerungen für Kopfschütteln: A&F würde nur gut aussehende Leute in seinen Geschäften anstellen, so der stets um das Standing des Unternehmens besorgte Jeffries, „weil gut aussehende Leute auf andere gut aussehende Leute anziehend wirken“. Man vermarkte eben Klamotten für „coole, gut aussehende Menschen“. Soweit so Werbesprech.

Mr. Jeffries erklärt aber auch, welche Menschen bestenfalls Kunden bei ihm sein dürfen: „In jeder Schule gibt es die coolen und beliebten Kids, und dann gibt es da noch die nicht so coolen Kids. Wir wollen die coolen Kids“, so der Chef gegenüber der Newswebsite Salon. „Wir wollen den attraktiven all-American Teenager mit einer tollen Ausstrahlung und vielen Freunden. Viele Leute gehören nicht in unsere Klamotten!“ Ob A&F also nur einigen Auserwählten vorbehalten sei? „Absolut!“, antwortet Jeffries. Das war 2006.

Nur XXL-Männer passen zur Marke

Das die Aussagen derzeit von den Medien wieder ausgegraben werden, liegt daran, dass die Marke es nach wie vor ablehnt, Übergrößen für Frauen anzubieten – anders als Konkurrenzunternehmen. Für Männer bietet A&F hingegen größere Maße an, XXL-Football- oder Basketballtypen sind schließlich sportlich. Diese strikte Verweigerungshaltung inklusive des arroganten und selbstgefälligen Auftretens der Unternehmensspitze führte zu Gegenreaktionen im Internet.

Ausgelöst wurde der Shitstorm gegen A&F von folgendem Video:

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Am Montag online gegangen, hat es bereits mehr als 6 Millionen Views. In dem Youtube-Video stellen die Macher James DeLorean und Daniel Lisi nicht nur das Unternehmen und dessen Chef bloß, sie versuchen zudem mit Hilfe einer Anti-Marketingkampagne der Sichtweise von A&F entgegenzuwirken. Unter dem Hashtag #FitchtheHomeless rufen DeLorean und Lisi auf, es den beiden Protagonisten wie im Video gleichzutun und Kleidung der Marke an Hilfsbedürftige zu spenden sowie die Aktionen zu teilen.

Der angelaufene Shitstorm traf das Unternehmen sichtlich: Am Donnerstag ruderte Jeffries auf der Facebook-Seite von A&F zurück. Dort behauptet er, dass das sieben Jahre alte Zitat nur aus dem Zusammenhang gerissen wurde. Denn das Unternehmen kümmere sich – anders als dargestellt – um breite Kundenschichten. „Wir engagieren uns stark für Vielfalt und Integration. Wir stellen gute Leute ein, die diese Werte teilen. Wir sind komplett gegen Diskriminierung, Mobbing, abfällige Charakterisierungen oder anderes anti-soziales Verhalten auf Grund von Herkunft, Geschlecht, Körpertyp oder anderen individuellen Merkmalen.“ Nimmt man Mr. Jeffries beim Wort, dürfte es ja nur noch eine Frage der Zeit sein, wenn er selbst als Model für seine Marke werben kann.

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16 Kommentare

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  • X
    XXL-Frau

    1. Wenn die nix in meiner Größe haben, kauf ich da nix. Und schwupps - wieder eine potentielle Kundin weniger, so einfach ist das.

    2. Ich habe das Video angeschaut und fand die Aktion gut. Wer erwartet, dass in einem paar-Minuten-Video gleich der ganze Kapitalismus kritisch reflektiert wird, überfrachtet die Sache doch nur.

    3. "Schöne" Menschen einerseits und Obdachlose andererseits ist in der Tat ein blödsinniges Gegensatzpaar. Besser als Mr Fitch sehen die Leute in dem Film allemal aus.

  • P
    Philippe

    Peinlich, diese Kommentare hier. Sollte am Theutschen Wesen wieder mal die Welt genesen ? Diesmal von der Warte eines höheren, ethischen Bewusstseins aus ? Lächerlich all diese Luxusproblemchen saturierter Menschen.

  • F
    Fritz

    Es ist eine amerikanische Firma, die an amerikanischen Masstaeben gemessen wird. Wir koennen zu diesen fremden Masstaeben sagen was wir wollen, aendern koennen wir sie nicht. Dass die TAZ darueber berichtet, heisst nicht, dass die amerikanischen Masstaebe auch in Deutschland gelten. Die Firma ist ein Lieblingsfeind einer bestimmten amerikanischen Lobby, die bisher sehr erfolgreich war, vor allem mit einer Klage wegen rassischer Diskriminierung. Mittlerweile sieht man auch Negermaedchen in diesen teuren Klamotten, wenn das Wort erlaubt ist. In der Reklame. In den USA ist die Kritik an der Firma mainstream, woran man sieht, wie ganz anders die USA sind, das Land der Freiheit. Der suessliche "penetrante" Geruch erinnert an die Carnaby-Street, die Urzelle solcher Laeden, vgl. Yellow Submarine, The Beatles.

  • FF
    Fred Ferington Frost

    @Schönling: Also eigentlich nehmen an einem "Schönheitswettbewerb" Menschen teil, die sich selbst für "schön" halten, um dann von Menschen, die meinen die "Schönheit" von Menschen beurteilen zu können, die Bestätigung zu erhalten, dass ihre "Schönheit" dem entspricht, was diese für "schön" halten. "Schönheitswettbewerbe" sind eine ganz "schön" lächerliche Angelegenheit. Aber es ist "schön", dass du dir so viele Gedanken darüber gemacht hast...möchtest du jetzt, dass andere die "Schönheit" deiner Gedanken beurteilen?

  • A
    AlphaAffenAr...

    Ach Jenni, jemand der immer noch Begrifflichkeiten wie Gutmensch verwendet muss eine ziemlich unbedarfte Person sein. Das hat nämlich Goebbels auch sehr gern benutzt, in genau derselben Absicht, nämlich die, die wenigstens noch über die Möglichkeit moralischen Handelns nachdenken abzuwerten.

    Also lass den Schönling einfach mit seinem braunen Gedankengut herumspielen und sich ihn dann irgendwann wundern, warum sein Leben eigentlich so stinkt...

  • JB
    Jennifer B.

    @Schönling: Deine dümmliche Propaganda verkneifst du dir bitte in Zukunft in den Kommentaren, danke! Und Links zur Proleten-Presse aus dem Springer-Verlag kannst du dir dort hinstecken, wo deine Parteifreunde von der FDP nach der Wahl landen.

  • S
    Schönling

    Liebe TAZ-Leser, keine Panik, Rettung kommt. Zwar von der intellektuellen feministischen Seite, aber immerhin...

     

    Grüne wollen Miss-Wahl auch für weniger Schöne

    "Jugendliche, die nicht groß und schlank sind, werden ausgegrenzt", sagt Marianne Bukert-Eulitz.

     

    Groß, schlank, lange Beine, hübsches Gesicht – junge Frauen, die an einer Miss-Wahl teilnehmen, sind vor allem eins: schön! Es ist, das kann man so einfach sagen, die Schlüsselqualifikation für diesen Wettbewerb. Doch Grünen-Politikerin Marianne Burkert-Eulitz (40) gefällt genau das nicht. „Bei Miss-Wahlen werden grundsätzlich Menschen unserer Gesellschaft ausgeschlossen.“

     

    Auch weniger schöne Damen sollten eine Chance kriegen."

     

    Hier weiterlesen:

    http://www.bz-berlin.de/aktuell/berlin/gruene-wollen-miss-wahl-auch-fuer-weniger-schoene-article1678304.html

     

    Früher durften nur die CDU/CSU-Politiker hässlich sein, heute wollen es die Links-Grünen auch. "Die Seele formt den Körper", gilt im Zentralkomitee der Gutmenschen nicht mehr.

     

    Und wie verblödet muss man sein um Sachen von Abercrombie zu kaufen um diese dann Obdachlosen zu schenken?

    Ein Stück alte Kleidung und was zum Essen hätte den Obdachlosen bestimmt besser getan.

    Wenn politische Yuppies zu viel Zeit haben und sich aufregen wollen, dann kommen solche Aktionen dabei raus.

     

    Und das die tolle Firma "Hess", diese Bekleidungsfirma, mit einer Rüstungsfirma rummacht, das interessiert hier niemanden. Hauptsache man sieht den Dreck im Ausland, dann muss man hier nicht so viel machen.

  • B
    Beau

    Gut gemeinte Idee. Aber irgendwo auch überflüssig.

    A&F-Klamotten sind ja nun nicht gerade billig und bei so einer bekannten Firmenphilosophie kaufen das dann wahrscheinlich eh nur Vollpfosten. Also warum noch extra arme Obdachlose vor den Karren spannen?

     

    Daraus eine Bewegung zu machen erscheint außerdem unrealistisch. Schauen wir mal bei uns, unseren Freunden und unseren Nachbarn nach Thor Steinar Klamotten und verschenken die dann an Obdachlose in unserer Stadt, um damit...um damit was? Eine beschisse Marke zu einer Marke von Obdachlosen zu machen?! Geschenkt!

    Wenn sich allerdings dereilei Klamottenmarken im eigenen Umfeld befinden, ist doch anscheinend schon längst etwas total falsch gelaufen. Ob nun Amber "Snob" Crombie oder Thor "Nazi" Steinar.

  • A
    Anm.d.Lesers

    "...fast penetrant durchdringender süßlicher Duft."

     

    Ich bin nur an dem Laden vorbeigegangen und fand den Duft schon unerträglich, will gar nicht wissen, wie es drinnen erst müffelt. Aber laut Aussagen von einigen Mitarbeitern und Kunden scheint der Duft in den Geschäften nicht nur "fast penetrant" zu sein. Und das scheint bei vielen hippen Läden mittlerweile zum Standardrepertoire zu gehören. Wie die mit dieser Form der Körperverletzung bei ihren Mitarbeitern und Kunden durchkommen ist mir persönlich ein Rätsel.

  • N
    najanaja

    Irgendwie blöd.

    Da kaufen Gutaussehende Klamotten

    von irgendwelchen Schönheitsrassisten,

    um sie armen Obdachlosen zu spenden.

    Dann ist dem schlechten Gewissen Genüge getan

    und weiter geht es im Konkurrenzkampf.

    Menschlichkeit und soziales Verantwortungsgefühl

    ist mit derart einfachen Handlungsmustern nicht

    zu erreichen. Haben die Amis die Textilien wenigstens

    in den USA produziert, um die Arbeitslosenquote

    in den Griff zu bekommen oder kommt die Kleidung

    auch wieder aus den Sklavenhalterbetrieben der Welt.

     

    Dann haben die aber immer noch Geld

    dafür bezahlt und sich dem Schönheitsrassismus

    gebeugt, indem sie allein und nicht mit

    den Obdachlosen dort etwas kauften oder

    besser bei der Konkurrenz kauften.

    Unter dem Strich war das eine gute Verkaufsmasche.

    Also haben die Kunden mindestens 2mal sich den Interessen des Konzerns gebeugt.

    Und die Schönen haben indirekt den Chef

    von A&F bestätigt, wenn auch sich um diplomatische

    Versöhnung bemüht.

    Toll ist ja auch, dass nur Schönheitsrassismus

    registriert wird, wenn er explizit und öffentlichkeitswirksam formuliert wird

    und wenn die Protagonisten männlich sind.

    Der weibliche nonverbale Schönheitsrassismus

    bleibt dagegen gesellschaftsfähig.

     

    Der Chef ist gar nicht das Problem, denn

    durch seine Unverblümtheit, regt er zum Nachdenken an. Das Problem sind die zu leichten Antworten,

    das nicht Hinterfragen weggelassener Informationen

    und die Frage, ob die philosophische Tiefe

    der Problemlösung angemessen ist.

     

    Eine solche ipod-Schickeria-Pseudo-Inividualismus-Gesellschaft ist für die Genoptimierungsfirmen

    ein gefundenes Fressen. Oberflächlicher geht es kaum noch.

  • S
    Stratege

    Nein, Nein, Nein,

    ich möchte kein

    Hager-Zombie Iltis

    sein!

  • A
    Adonis

    Anti-Werbung ist auch Werbung. Die Zielgruppe "Gutaussehend" fühlt sich geschmeichelt, und wird die Klamotten aus Eitelkeit

    vermehrt kaufen.

    Solche Aussagen, wie die von A&F, gehören öffentlich gar nicht erwähnt. Auch Shitstormer arbeiten in die Kassen dieser Firma.

  • SI
    Sag ich nicht

    Ich wollte die taz nur darauf aufmerksam machen, das sie n erschreckender weise das Bild dieser Firma reproduziert. Es geht nach den aussagen, die angebracht werden, darum das nur gut aussehende Menschen Kleidung dieser Marke kaufen sollen oder es das iel sei, nur an diese Zielgruppe Kleidung zu verkaufen. Wenn hierbei nun der Gegensatz Obdachlose - gut aussehende Menschen von der taz in der Überschrift aufgebaut wird, impliziert dieses, das Obdachlose nicht gut aussehend seien können. Neben der frage des ästhetischen Empfindens, die hierbei aber nicht rational in gut / schlecht unterteilt werden kann, wird hierbei im Kern ein gesellschaftliches Bild reproduziert, in denen bestimmte Menschen, wenn sie bestimmten Bildern entsprechen, die gesellschaftlich hegemonial sind, gut aussehend sind. Hierbei steht aber ein Klassizismus im Vordergrund. Nach Ansicht der taz sind dies Obdachlose Menschen nun das nicht, sondern diese sind nun das Gegenteil, von denen sich nach Ansicht der taz nun gut aussehende Menschen abgrenzen. Die taz bemüht sich in diesem Artikel also nicht darum, das diese Bild von fremd zuschreibend aufgebrochen wird, sondern es wird reproduziert und kritisiert, das diese Firma nun als Zielgruppe nur die gut aussehenden anspricht, nicht aber die schlecht aussehenden. Das s sinnvoller wäre, sich von solchen Kategorien zu trennen, kommt der taz nicht in den Sinn.

  • E
    Emre

    Ich könnte kotzen. Menschen wollen anderes sein und zu einer fragwürdigen Masse dazugehören. Alle möchten perfekt sein und rennen entweder in solche Läden oder lassen sich Falten weg spritzen. Sobald es mal keine XL Klamotte gibt tickt jeder aus und weint "Wir fühlen uns diskriminiert". Selbst Schuld ihr "Schönheitsfanatiker". Jedoch ärgert sich keiner drüber das Menschen für Billige Klamotte die nur ein Logo drauf haben das 40-Fache kosten. Trotzdem erhalten die Arbeiter nur paar Cents. Heuchler. Hauptsache selbst hat man jeden Mist.

  • H
    Hinweis

    @TAZ: Irgendwas stimmt mit eurer Formatierung des Artikels nicht, bei mir läuft der Text unten direkt über den Bereich in dem das Video angezeigt wird. Und die Verlinkung von #FitchTheHomeless ist auch falsch und geht nur die allgemeine Twitter-Startseite.

  • E
    ennui

    .... der "Shitstorm" ist ein schönes Beispiel für die aufziehende Diktatur der Plebs, die inzwischen offenbar lesen gelernt haben.

    Seit wann darf ein Klamottenunternehmer nicht das produzieren oder eben nicht, was ihm in den Sinn kommt?