■ McCash Flows Orakel: Viag–Notgroschen
Die Löcher in Stoltenbergs Taschen werden immer größer, und die mit dem vollmundigen Motto „Mehr Markt weniger Staat“ angekündigten Privatisierungs–Aktionen der Bundesregierung entpuppen sich immer mehr als Notgroschenprogramm. Nach der VEBA und VW ist es seit Dienstag die Viag AG, durch deren Verkauf etwa eine Milliarde liquide Mittel in die Kassen des Finanzministers fließen soll. Für je 210 DM kommen 6,9 Millionen Aktien der in den Bereichen Elektrizität, Alumminium und Chemie tätigen Viag–Gesellschaft an die Börse - der Verkaufspreis entspricht dem aktuellen Kurs der Aktie, die nach dem Crash auf 147 DM gefallen war und deren Höchstkurs 1986 bei 260 Mark lag. Den Viag–Verkauf eingeschlossen, hat der Bund seit 1984 Privatisierungserlöse von rund 6,5 Milliarden Mark erzielt. Die Ankündigung des VIAG–Verkaufs hat die ohnehin flaue Börsenstimmung weiter getrübt; befürchtet wird, daß der Markt durch das Riesenpaket verstopft werden könne. Das nahezu ereignislose Geschäft am Montag wurde von Händlerseite mit Verwunderung aufgenommen: Eigentlich hätte der festere Dollarkurs und der einigermaßen günstige Konjunkturverlauf die Anleger stimulieren müssen. Zumal auch die gescheiterten OPEC–Verhandlungen die Befürchtung steigender Ölpreise vorerst aufgelöst hat, man rechnet mit einem Rückgang von einem Dollar pro Faß, in Rotterdam sanken die Heizölpreise um einen bis 1,5 Pfennig pro Liter. Wie in der Bundesrepublik zeigten sich auch die anderen europäischen Börsenplätzen und New Yorks Wallstreet zum Wochenbeginn wenig verändert mit leicht nach unten weisender Tendenz. Einzig die Japaner tanzen außer Rand und Band aus der Reihe, die Börse in Tokio schloß mit einem neuen Rekordhoch von 27.669 Punkten.
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