Verzögerung bei Tiefwasserhafen: Schlammschlacht um Jade-Weser-Port
Nun äußert auch die Hafenbetriebs-Firma Eurogate ihre Zweifel daran, dass der Jade-Weser-Port am 5. August in Betrieb gehen kann. Niedersachsens Wirtschaftsminister droht mit Vertragsstrafe.
BREMEN taz | Der Eurogate-Konzern, Deutschlands größtes Container-Umschlagsunternehmen, wollte eigentlich nur ein positives Fazit für das Jahr 2011 verkünden: 23 Prozent mehr Gewinn vor Steuern trotz einer dreimal so hohen Investitionsquote. Vor allem in Marokko und in Bremerhaven wuchs der Containerumschlag stark. Die Krise scheint überwunden.
Und dann das: Am Morgen der Pressekonferenz lesen die Eurogate-Manager in der Wilhelmshavener Zeitung, dass es beim Bau des Jade-Weser-Ports doch zu ernsthaften Verzögerungen kommen wird. Wegen der notwendigen Sanierungsmaßnahmen könne der ab 5. Mai geplante Probebetrieb nur auf 400 statt auf 1.000 Metern Kaje beginnen, hatte der Geschäftsführer der Realisierungsgesellschaft, Axel Kluth, der Zeitung mitgeteilt und darin kein Problem gesehen.
Eurogate-Geschäftsführer Emmanuel Schiffer hatte damit zwei Probleme: Erstens redet die Jade-Weserport-Realisierungsgesellschaft (JWP-R) seit drei Wochen nur über die Presse mit Eurogate. Auf zwei Anfragen wegen eines Termins, um die Lage zu besprechen, gab es keine Reaktion.
Zweitens, sagt Schiffer, reichten 400 Meter Kaje für den Probebetrieb keineswegs – da müsste die Software gestestet werden, die Krananlagen, 350 Mitarbeiter müssten geschult werden. 1.000 Meter seien zugesagt zum 5. Mai. „Wenn dieser Termin nicht gehalten werden kann, dann kann auch der Folgetermin nicht gehalten werden“, erklärte Schiffer.
Der Folgetermin ist die vertraglich vereinbarte Inbetriebnahme des Jade-Weser-Ports am 5. August, an der Niedersachsen ausdrücklich festhält, wie Wirtschaftsminister Jörg Bode (FDP) zwei Stunden nach der Eurogate-Pressekonferenz unterstrich. Wenn Eurogate den Starttermin im August nicht einhalte, werde laut Vertrag ein zweistelliger Millionenbetrag an die Hafen-Realisierungsgesellschaft fällig, erinnerte Bode.
Probleme gibt es nun auf allen Ebenen. Im Mai sollen die nächsten vier Containerbrücken kommen – sie könnten aber nicht aufgestellt werden, sagte Schiffer, weil die Versicherung nur Containerbrücken auf fertigen Kajen garantiere. Streit gibt es auch um die notwendigen Sanierungsmaßnahmen. Zwar hat die Eurogate als Betreiber keine Verantwortung für den Bau der Kaje, dennoch hat sie vorsichtshalber ein Gutachten bestellt über mögliche Sanierungsschritte.
Ergebnis: Die von den Baufirmen geplante 300 Meter lange Betonmauer vor den defekten Stellen der Kaje ist nicht unumstritten. Die Gutachter von Royal Haskoning, holländische Experten, zweifelten an der Dauerhaftigkeit dieser Lösung, sagte Schiffer. Es gebe das Risiko von Unterspülungen und Zweifel, dass die Pfeiler die zusätzlichen Gewichte tragen können.
Eurogate habe mit der Werbung für den neuen Tiefwasser-Hafen längst begonnen, berichtete Schiffer. Wettbewerber verbreiteten genüsslich Nachrichten über die Probleme und „weltweit“ werde darüber gespottet, „dass man in Deutschland keine Kajen bauen kann“. Eurogate hat in diesen Jahren an zwei anderen Standorten Kajen in Betrieb genommen – im marokkanischen Tanger und in Ust-Luga bei St. Petersburg. An beiden Standorten gab es keine Probleme. Über die bautechnischen Unterschiede an den drei Standorten wolle man keinen Kommentar abgeben, sagte Schiffer.
In Wilhelmshaven haben Taucher im Zuge der Bauabnahme bis heute 152 Risse in der insgesamt 1.750 Meter langen Spundwand gefunden – die Ursache gilt bisher als ungeklärt. Schäden gibt es auch in dem Teil, an dem Eurogate am 5. Mai den Probebetrieb beginnen soll. In Wilhelmshaven ist ohne Mäkler gerammt worden. Das ist ein Spezialgerät, das dafür sorgt, dass die Spundwand-Bohlen kerzengerade in den Meeresboden getrieben werden. Wenn der Verzicht auf den Mäkler zu den Rissen geführt haben sollte, wäre das ein Mangel in der Bauausführung, für den die Versicherung nicht aufkommen muss.
In den vergangenen Wochen waren immer wieder neue Informationen über das Ausmaß der Schäden durchgesickert und neue Termine, bis wann die Reparaturen abgeschlossen sein sollten. Allein die Reparatur-Kosten übersteigen 50 Millionen Euro. Bremens Wirtschaftsstaatsrat Heiner Heseler (SPD) hatte schon am Dienstag in der bremischen Wirtschaftsdeputation erklärt, es gehe um viel Geld. „Wir sagen von uns aus nicht, dass der 5. August nicht geht“, sagte Heseler.
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