INTERVIEW: Verwaltungszentrum in Bonn lassen
■ Volker Hassemer zu den Bonner Neigungen, den Umzugsbeschluß zu revidieren
Berlin. Bei den Bundestagsabgeordneten in Bonn wächst die Neigung, den Umzugsbeschluß der Bundesregierung vom Juni zu revidieren. Während diese mit zehn Ministerien nach Berlin ziehen und die übrigen acht nur durch Kopfstellen repräsentieren will, soll, nach Vorstellung des Obmannes der SPD in der parlamentarischen Konzeptkommission, Franz Müntefering, das gesamte Bundeskabinett an die Spree kommen. Der Verwaltungsapparat der Ministerien, das sind etwa zwei Drittel der Belegschaft, soll hingegen in Bonn bleiben. Die taz befragte Stadtentwicklungssenator Volker Hassemer (CDU) zu diesen jüngsten Vorstellungen aus Bonn.
taz: Was bedeutet diese Initiative für die Hauptstadtplanung?
Volker Hassemer: Die Überlegung, die Ministerien zu teilen, hielten wir nie für richtig und auch nicht für realisierbar, weil sich in der Praxis herausstellen würde, daß die dann in Bonn verbleibenden Ministerien zweiter Klasse wären. Das Verwaltungszentrum in Bonn zu belassen entspricht hingegen voll der Strategie, die wir von Anfang an hatten. Der regierende Teil der Ministerien mit der dazu nötigen Verwaltung an einem Ort, das ist das vernünftigste Konzept.
Sie würden also die Initiative, die jetzt vor allem bei der SPD-Fraktion in Bonn heranreift, unterstützen? Diese Initiative benutzt die Argumente aus Berlin.
Sie hatten bereits vor Wochen verkündet, daß vier Ministerien auf der Spreeinsel Platz finden sollen. Diese Botschaft ist anscheinend in Bonn nicht angekommen, denn der Staatssekretär im Bundesbauministerium, Jürgen Echternach (CDU), will die Bundesregierung dort nur mit zwei Ministerien vertreten sehen.
Das sind ungenaue Zitate, ich habe immer vom Bereich der Spreeinsel gesprochen. Ich bin nie davon ausgegangen, daß auf der Spreeinsel vier Ministerien wären, sondern die Zahl vier habe ich immer im Zusammenhang mit dem Wettbewerb genannt. Und der betrifft nicht nur die Insel, sondern auch die unmittelbare Nachbarschaft. Was Echternach sagt, ist von daher zutreffend, da nur zwei Ministerien auf der Spreeinsel geplant sind und zwei in unmittelbarer Nachbarschaft, das ehemalige ZK- Gebäude und das Gebäude des ehemaligen Kulturministeriums.
Wenn, wie von Müntefering vorgeschlagen, alle Ministerien mit ihrer Spitze nach Berlin ziehen, was hieße das für die Planung?
Das würde keine Probleme machen, weil sich dadurch die Quantität der umziehenden Personen nicht ändert. Wir werden nicht mehr Platz benötigen, sondern dieses Konzept würde uns eher liegen, weil dadurch die Differenziertheit der Ministerienlandschaft vergrößert würde. Die Ministerien würden weniger in ihrer Breite und mehr in ihrem Profil nach Berlin kommen.
Müssen die alle in die Mitte Berlins kommen?
Sie könnten, wobei wir schon heute die Mitte Berlins vom Bendlerblock bis zum Regierungskrankenhaus fassen. Das alles ist für uns der mittlere Bereich. Diese enorme Fläche führt dazu, daß sich die Regierung nicht in einer konzentrierten und verdrängenden Form, sondern als dezentraler Bestandteil der Mitte etabliert. Die Flächen für die kulturellen Einrichtungen werden dort noch immer zahlreicher sein als die für die Regierung.
Bonn will die Regierungsbauten von einer eigenen Gesellschaft hochziehen lassen, an der Berlin nicht beteiligt ist. Wird der Senat beim Bauen außen vor gelassen?
Der Bund wäre gut beraten, und ich habe es bereits vorgeschlagen, wenn er bei der Realisierung — und das ist unbestritten — seiner Bauten die Berliner mit einbezieht. Interview: Dieter Rulff
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