Vertrauensfrage Nummer 51: Hält Berlusconi wieder durch?
Silvio Berlusconi muss sich mit seiner Koalition gegen Rücktrittsforderungen verteidigen. Aufs Neue stellt er dafür die Vertrauensfrage. Doch diesmal wackelt er richtig.
![](https://taz.de/picture/245756/14/belusconi_f.jpg)
ROM reuters/dpa | Zum zweiten Mal binnen eines Monats stimmt das italienische Parlament am Freitagmittag über eine Vertrauensfrage des politisch angeschlagenen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi ab. Der Regierungschef und sein Koalitionspartner Umberto Bossi von der Lega Nord äußerten sich am Donnerstag zuversichtlich, dass die konservative Regierung die Abstimmung überstehen wird.
Anlass der Vertrauensfrage war eine verlorene Abstimmung am Dienstag in einer Routineangelegenheit, der etliche Abgeordnete des Regierungslagers, darunter Finanzminister Giulio Tremonti ferngeblieben waren. Es ist die vierte Vertrauensabstimmung in diesem Jahr, die 51. seit dem erneuten Amtsantritt 2008.
Berlusconi warb am Donnerstag 20 Minuten lang in einer Regierungserklärung vor dem Abgeordnetenhaus für seine Mitte-Rechts-Koalition. Es gebe zu ihr "keine glaubwürdige Alternative". Die linke Opposition, die seinen Auftritt boykottierte, bezeichnete Berlusconis Rede als "realitätsfern" und "peinlich". Dennoch könnte es dem Regierungschef nach Einschätzung von Beobachtern erneut gelingen, seine Reihen bei dem Vertrauensvotum geschlossen zu halten.
Berlusconi gibt sich siegesgewiss
Der Ministerpräsident des hoch verschuldeten Landes gab sich siegessicher. "Denen, die heute unseren Rücktritt fordern, antworten wir, dass wir nicht nachgeben können: Nicht, weil wir unsere Macht bewahren wollen, sondern weil diese Regierung keine glaubwürdige Alternative hat."
Zudem könne Italien in Zeiten der Wirtschaftskrise keine Neuwahlen gebrauchen. Seine Regierung sei sich zutiefst der Gefahren für das Land bewusst, das wegen seiner Schuldenlast unter verstärktem Druck der Finanzmärkte steht. Regulär wird in Italien 2013 ein neues Parlament gewählt.
Dass Berlusconis Koalition im Abgeordnetenhaus bei dem Votum über den Rechenschaftsbericht 2010 am Dienstag eine herbe Niederlage gegen die Opposition erlitten hatte, tat der Ministerpräsident als einen parlamentarischen "Zwischenfall ohne Folgen" ab. Dieser solle jetzt mit einem neuen Gesetzesentwurf bereinigt werden, sagte er.
"Berlusconi hat eine politisch peinliche Rede gehalten", kritisierte der Chef der größten Oppositionspartei PD (Demokratische Partei), Pierluigi Bersani. In keiner Weise habe der Premier etwa auf die Fragen von Staatspräsident Giorgio Napolitano reagiert. Dieser hatte den "Cavaliere" beschworen, die Handlungsfähigkeit seiner Regierung in Zeiten der Schulden- und Wachstumskrise zu beweisen. Berlusconi beschränkte sich aber darauf, Programmpunkte aus ähnlichen Erklärungen vor rund einem Jahr zu wiederholen, etwa das Versprechen einer Justiz- und Steuerreform.
Die Opposition hatte nach ihrem Abstimmungserfolg Berlusconis Rücktritt gefordert, weil er offensichtlich keine Regierungsmehrheit mehr habe. In der Tat kämpft der 75-Jährige nach den jüngsten Sex- und Justizskandalen zunehmend auch mit Widerstand aus dem eigenen Lager. Eine Gruppe von 30 Parlamentariern unter Ex-Industrieminister Claudio Scajola hatte in den vergangenen Tagen offene Kritik geübt.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Jugendliche in Deutschland
Rechtssein zum Dazugehören
Jens Bisky über historische Vergleiche
Wie Weimar ist die Gegenwart?
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
Mitarbeiter des Monats
Wenn’s gut werden muss
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche