: Vertraglich unverträglich
Sternschanzenpark: Mit zwei Millionen Mark für den Stadtteil soll die Zustimmung zum Hotelturm erkauft werden ■ Von Heike Haarhoff
Im Streit um den Wasserturm im Sternschanzenpark ist ein Ende in Sicht: Der Chef des Bezirksamts Eimsbüttel, Jürgen Mantell (SPD), überraschte gestern mit einem „Kompromißvorschlag“, der den sechsjährigen Konflikt zwischen Investor, Bezirk und Stadtteilinitiativen um die Nutzung des leerstehenden Denkmals noch vor Weihnachten lösen soll.
Wasserturm-Eigentümer Joachim-Ernest Storr soll das 60 Meter hohe Monument nun doch in ein Hotel mit 180 Betten umbauen dürfen. Im Gegenzug muß er sich in einem „wasserdichten Vertrag“ verpflichten, zwei Millionen Mark für „soziale, stadtteilbezogene Einrichtungen“ im Sternschanzenpark zur Verfügung zu stellen. „Damit“, glaubt Mantell, „wird das Wahrzeichen erhalten und zugleich die Forderung nach einer öffentlichen Nutzung erfüllt“.
Der Münchner Investor Storr ließ gestern mitteilen, er werde zu diesem Angebot „stehen“. Aus welchem Hut er allerdings die zwei Millionen zaubern will – Storrs Liquidität wird angezweifelt – wollte er nicht verraten. Mit dem Geld soll unter anderem das „Norwegerheim“ im Südostteil des Parks, derzeit von einer Kindertagesstätte belegt, für Veranstaltungen umgebaut und der Spielplatz „verbessert“ werden. Die Stadtteilinitiativen sollen bei der Gestaltung Mitsprache haben. „Anfang 1997“, frohlockt Mantell, „könnte es losgehen“.
Die Eimsbütteler Grünen sind empört: Es gehe nicht darum, so der Abgeordnete Rudi Brandt, „irgendwo in der Umgebung was für den Stadtteil zu tun“. Ein Hotel im Sternschanzenpark sei stadtteilunverträglich: „Ich möchte sehen, was passiert, wenn die schicken Hotelgäste auf die Dealer vom Sternschanzenbahnhof treffen oder die Leute aus der Schanze, die im Park gerade Köfte grillen wollen.“
Die GAL will daher in der Bezirksversammlung den „weltfremden“ Vorschlag des Amtsleiters ablehnen. Die regierende SPD und auch die CDU dagegen signalisieren Zustimmung und Erleichterung, daß nach sechs Jahren Untätigkeit des Investors und Verfall des Turms überhaupt etwas geschehen soll.
Beim Kauf des Turms von den Wasserwerken hatte Storr versprochen, mindestens 50 Prozent der Nutzfläche dauerhaft kostenlos für öffentliche Zwecke zur Verfügung zu stellen und sein Projekt binnen zwei bis drei Jahren zu realisieren. Bedauerlicherweise verzichtete die Stadt damals auf bindende Verträge. Also geschah nichts, bis der Investor schließlich im August gestand, das Projekt sei wirtschaftlich untragbar. Statt dessen will er nun den Turm – allen denkmalschützerischen Bauchschmerzen zum Trotz – in ein kommerzielles Hotel verwandeln.
Eine Lösung, die Bezirkschef Mantell nicht für „reibungslos“, aber für „machbar“ hält: Sämtliche öffentlichen Nutzungen, das viel diskutierte Naturkundemuseum inklusive, hielten einer wirtschaftlichen Rechnung nicht stand.
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