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Versuch einer Neubelebung

■ Freie Tanzszene: Dorothea Ratzel, Jochen Roller, Anne Rudelbach und Antoine Effroy eröffnen Mittwoch mit den Choreografien „4für1“ das MinifestivalDasFenster

Vier Tänzerinnen und Tänzer engagieren sich für die Sache der freien Tanzszene in Hamburg: Mit 4für1, einem Tanzabend mit vier Solo-Choreografien, heben Dorothea Ratzel, Jochen Roller, Anne Rudelbach und Antoine Effroy am 28. und 29. November das „Mini-festivalDasFenster“ aus der Taufe.

Der kuriose Wort-Bandwurm lässt nun hoffen, dass das neue Festival, wie geplant, zur festen Einrichtung in vielen Folgen wird. Denn nachdem mit dem Auszug aus der Dosenfabrik in der Stresemannstraße die Tanzwerft aufgelöst wurde und der Traum von einem Tanzhaus vorerst auf Eis gelegt ist, mangelt es in Hamburg vor allem an Raum und Aufführungsformaten für kleinere experimentelle Arbeiten im zeitgenössischen Tanz.

Zwar gibt es in Hamburg-Hamm einen wunderschönen Tanzort, nämlich die Bühne B12. Und eine Kooperation von Hamburgs freien ChoreografInnen mit der Leitung der privaten Studiobühne um den Choreografen Bernd Kühn schien bereits unter Dach und Fach. Da brachten Querelen um prozentuale Eintrittsgeldbeteiligungen das enthusias-tisch vorbereitete Projekt fast zum Scheitern. Doch Ratzel, Rudelbach und Co. ließen sich nicht so schnell unterkriegen. Schließlich hatten sie den Abend konzipiert und schon zwei Monate dafür geprobt. Also gingen sie auf die Suche nach einem neuen Aufführungsort und wurden schließlich in Stellingen in den Film- und Fernsehstudios K-Studios fündig.

Für den Tanzauftritt muss der Raum allerdings erst bühnengerecht mit Lichtanlage, Zuschauertribüne und allem, was dazu gehört, eingerichtet werden. Ein ziemlicher Kraftakt mit immensem Organisationsaufwand. Das Event an sich ist damit fast entscheidender als die einzelnen Choreografien. Doch haben die vier als Performer in Hamburg schon des öfteren überzeugt und waren auch als Choreografen immer wieder für Überraschungen gut. (In diesen Tagen sind sie zudem in Paarkonstellation – Ratzel/Roller mit abgepaust, Rudelbach/Effroy mit Nuit Blanche – auf Kampnagel zu sehen.)

Antoine Effroy war zuletzt beim Junge Hunde-Festival mit der Performance Heute ist mein Geburtstag vertreten. Der gebürtige Franzose ist neu in der Stadt und arbeitet seit zwei Jahren mit der Hamburger Tänzerin und Choreografin Anne Rudelbach zusammen. Beide stehen zur Zeit auch in Jan Lauwers Ein Sturm auf der Bühne des Schauspielhauses.

Der Berliner und Wahlhamburger Jochen Roller zeigte sich während der letzten Jahre immer wieder mit unterschiedlichen Projekten auf Kampnagel und brachte mit seinem stilisierten Minimalismus, cool und lässig ausgeführt, stets sein Publikum zum Schmunzeln. Des hanseatischen Understatements wegen, hat er mal gesagt, sei er nach Hamburg gekommen, weil es sich seiner Meinung nach förderlich auf seine Kunst ausüben würde.

Damit nicht genug der „kühlen Note“: Nebenbei ist Jochen Roller artist-in-residence im Center for Performance Research im grönländischen Nuuk. Zusammen mit der in Amsterdam und Berlin ausgebildeten Schauspielerin und Tänzerin Dorothea Ratzel sind es vier (Neu-)Hamburger, die hier vielversprechend unkonventionell die Initiative ergreifen. Am 30. November schließt sich die Hamburger interdisziplinäre Kunstschule Koinzi-Dance mit dem Tanzgastspiel De se rt experience von Ursula Lübbe aus Münster an. Irmela Kästner

4für1: Mi (+ Do, 29. 11.); de se rt experience: Fr, 30. 11., 20 Uhr, K-Studios, Farnhornstieg 10 (Stellingen), nur Abendkasse

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