Verstrahlte Lebensmittel: Radioaktiver Spinat auch in China
Umweltschützer verlangen von der EU, Lebensmittel aus Japans Nachbarländern zu kontrollieren. Die EU-Kommission will davon vorerst nichts wissen.
BERLIN taz | Nach Funden von radioaktiven Lebensmitteln in China fordern Politiker und Umweltschützer, die Kontrollen von Importen in Europa auszuweiten. "Die Prüfungen auf Strahlung in Nahrungsmitteleinfuhren müssen erweitert werden auf die Herkunftsländer, die von dem Reaktorunfall in Japan mitbetroffen sein werden", sagte die verbraucherpolitische Sprecherin der Linken im Bundestag, Karin Binder, am Donnerstag der taz.
Es reiche nicht, so wie derzeit in der Europäischen Union nur Einfuhren aus Japan systematisch zu untersuchen. "Ich will, dass unsere Behörden den gesamten pazifischen Raum im Blick haben", erklärte die Abgeordnete. Ähnlich äußerte sich die Umweltschutzorganisation Greenpeace.
Am Mittwochabend hatte China bekannt gegeben, dass nach Funden in Nordamerika nun auch in der Volksrepublik Strahlung in Lebensmitteln gemessen worden sei. "Extrem kleine Mengen des radioaktiven Isotops Jod-131 wurden auf der Oberfläche von Spinatpflanzen in den Provinzen Peking, Tianjin und Henan gefunden", meldete die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua auf ihrer Internetseite. Offenbar hätten die jüngsten Regenfälle in den drei Regionen dazu beigetragen, den Stoff aus der Luft auf den Boden zu bringen.
Den chinesischen Behörden zufolge besteht aber keine Gefahr für die Gesundheit, weil die Proben nur ungefähr 1 bis 3 Becquerel Jod pro Kilogramm enthalten hätten. Zum Vergleich: Die EU erlaubt derzeit in Importen aus Japan 2.000 Becquerel. "Es ist bewiesen, dass radioaktive Stoffe effizient entfernt werden können, indem man den Spinat mit Wasser wäscht", erklärte das Gesundheitsministerium in Peking.
Fisch aus der Beringsee
Wegen der niedrigen Messwerte in China sieht die EU-Kommission derzeit auch keinen Anlass für systematische Kontrollen von Einfuhren aus Nachbarländern Japans. "Offensichtlich sind die festgestellten Werte weit unter den erlaubten", teilte ein EU-Sprecher mit. "Wir konzentrieren uns vorerst auf Importe, die aus Japan kommen."
Dass die Werte aus China niedrig sind, schätzt auch Greenpeace so ein. Manfred Santen, Chemiker bei der Organisation, befürchtet jedoch, dass je nach Entwicklung des Unfalls im japanischen Kraftwerk Fukushima noch mehr radioaktives Material in den Nachbarländern ankommen könnte - außer im Osten Chinas zum Beispiel in Südkorea und den Philippinen. "Die Katastrophe ist ja noch nicht im Griff." Und Santen warnt: "Die radioaktiven Partikel können mit den Meeresströmungen auch in die Beringsee verfrachtet werden, aus der ein Großteil der in Deutschland verkauften Fische stammt."
Falls sich die radioaktive Belastung im pazifischen Raum ausweitet, würde auch die potenzielle Gefahr für Deutschland größer sein als bei den Importen aus Japan. Denn während die Bundesrepublik aus Japan im vergangenen Jahr nur für rund 23 Millionen Euro Nahrungs- und Futtermittel importierte, waren es laut Statistischem Bundesamt allein aus China 1,1 Milliarden Euro. Größter Posten war bei den Lebensmitteln mit 388 Millionen Euro Fisch.
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