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Versteigerung Ostberliner Häuser

■ Wieder kamen Miethäuser unter den Hammer/ Maßnahmen gegen Mietexplosion gefordert

Berlin. Vor einer Mietexplosion in der Hauptstadt hat die Berliner MieterGemeinschaft anläßlich der gestern abend geplanten zweiten Versteigerung von Mietshäusern aus dem Ostteil Berlins gewarnt. Die Gebäude sollen mit Grundstücken aus West-Berlin und aus den neuen Bundesländern unter den Hammer kommen. Wie der Sprecher der MieterGemeinschaft, Gerhard Heß, erklärte, sei es höchste Zeit für die Bildung eines Runden Tisches zur Wohnungspolitik.

Schon die erste Versteigerung im Dezember unter Führung des öffentlich bestellten Grundstücksauktionators, Hans Peter Plettner, habe bewiesen, daß es sich nicht — wie diesmal von Plettner in einem Schreiben an die Mieter der betroffenen Häuser festgestellt — um einen »normalen Verkauf« handele. Im Auktionssaal säßen keine »kleinen Eigentümer, sondern kühle Rechner«, die kurzfristig viel Geld machen wollten und mit der Wertsteigerung von Grundstücken spekulierten. In Häusern, bei denen die Mindestgebote schon beim 70fachen der Gesamtjahresmiete liegen, müsse mit drastischen Mieterhöhungen innerhalb kürzester Zeit gerechnet werden.

Zur Auktion im Palace-Hotel standen gestern das Mietshaus Ackerstraße 19 im Bezirk Mitte mit 17 Wohnungen und großem Gewerbeteil (Mindestgebot 450.000 DM), das Haus Eichenstraße 76 in Niederschönhausen mit fünf Wohnungen (Mindestgebot 325.000 DM) sowie Häuser in Wedding, Kreuzberg, Neukölln und Schöneiche.

Der Sprecher der MieterGemeinschaft, die sich vor wenigen Wochen mit zahlreichen Mieterinitiativen und Parteienvertretern zum Aktionsbündnis gegen eine Kostenexplosion zusammengeschlossen hatte, erklärte am Beispiel des im Dezember versteigerten Hauses Kollwitzstraße 52 in Prenzlauer Berg, wie wenig ausreichend Angebote geprüft und wie vorschnell Objekte unter den Hammer kamen. Über den Verkauf des Gebäudes — es wurde von zwei Hamburger Malern erworben, die mit den Mietern eine Nutzergemeinschaft eingehen wollen — waren damals weder Bewohner noch Wohnungsbaugesellschaft informiert worden. Außerdem bezeichnete Heß es als politisch instinktlos, dieses Haus ehemals jüdischer Besitzer, deren Erben sich noch bis zum 31. März melden könnten, bereits im Dezember zu veräußern.

Wie neue Besitzer — anders als die Hamburger Maler — nach dem Erwerb reagierten, zeige das Beispiel Masurenstraße 1a in Pankow. Alle Bewohner des im Dezember versteigerten Hauses waren aufgefordert worden, eine Ablichtung ihrer Personaldokumente vorzulegen. adn

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