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Verständnis vermittelt

■ betr.: "Nachtwächter Rolf K." (Besichtigung eines fremden Reviers) von Gabriele Goettle, taz vom 24.9.90

betr.: „Nachtwächter Rolf K.“ (Besichtigung eines fremden Reviers) von Gabriele Goettle,

taz vom 24.9.90

Der Wachmann K. bekommt eine Chance mit dem Leihhund A. Schleichwege abzulaufen, um als Nachtwächter einer Ordnung zu dienen, gegen die er früher diente. Latenter Zwiespalt, den er der Pflicht opfert — der Ordnung, jener neuen, nicht ohne ab und zu melancholisch an die alten Zeiten zu denken. Wieder im „Tunnel“ der schon angelegten Strukturen herumtappend, entscheidet er sich für die für ihn erreichbare, um seine Existenz abzusichern. Bloß nicht zurückbleiben — übrigbleiben in diesem Rennen. Die alte Ordnung, die alte Heimat nur noch Stigma oder heimliche Erinnerungsmetaphern.

Dieser Bericht hat mir sehr gefallen. Nicht nur wird man durch die erzählerische Sensibilität durch die Geschichte mehr geführt als getrieben, sondern auch die Akteure verlieren niemals was man als ihre eigenständige „Tiefe“ bezeichnen könnte, so daß selbst der Hund Anka in seiner Fügsamkeit einen Schuß renitentes Bewußtsein abbekommt, beziehungsweise diese Annahme beim Leser erzeugt wird. Der Bericht braucht keine Denunziation um sein Anliegen zu vermitteln. Auch der Wachmann K. verliert in der Erzählung nie die Freiheit seiner potentiellen Möglichkeiten.

Diese journalistisch-literarische Erzählung hat mir mehr Verständnis zur Situation vieler DDR-Bürger vermittelt als viele Artikel in der Presse der letzten Monate. Karl-Heinz Kleiner, Bremen

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