piwik no script img

Versorgungsgesetz der Bundesregierung"Mechanismen für Intransparenz"

Im Versorgungsstrukturgesetz geht es kaum um Landärzte, kritisiert der Grünen-Gesundheitsexperte Harald Terpe. Es gehe vor allem um höhere Honorare für die Ärzte.

"Wir rechnen mit Kostensteigerungen ohne gleichzeitige Qualitätsverbesserungen", sagt Harald Terpe. Bild: dpa
Interview von Steffi Dobmeier

taz: Herr Terpe, hilft das nun vorgelegte Versorgungsgesetz gegen den Ärztemangel auf dem Land?

Harald Terpe: Nein, dagegen hilft es kaum. Darum geht es in dem Gesetz so gut wie gar nicht.

Worum geht es denn?

Im Gesetz geht es in großen Passagen um höhere Honorarleistungen für die Ärzte, nicht um die Verbesserung der medizinischen Versorgung auf dem Land.

Die Regierung sagt, dass das Gesetz den Ärztemangel auf dem Land beheben helfen soll.

Bild: privat
Im Interview: Harald Terpe

sitzt für die Grünen im Bundestag, er ist Vorstand der Ärztekammer Mecklenburg-Vorpommern.

Das stimmt nur sehr eingeschränkt.

Aber das wäre doch wichtig.

Auf jeden Fall. Wir müssen den Ärztemangel auf dem Land dringend beheben. Man braucht dafür einen ganzen Strauß an Dingen. Man muss beispielsweise für die Lebenssituation der Ärzte etwas tun. Es muss genügend Schulen geben, so dass Familien die Entscheidung für einen Umzug aufs Land leichter gemacht wird. Auch brauchen wir finanzielle Anreize, um Mediziner in strukturschwache Regionen zu holen. Teilweise wird das in dem nun vorgelegten Gesetz berücksichtigt. Allerdings nicht kostenneutral.

Das bedeutet?

Die Kosten, die entstehen, könnte man mit Überschüssen aus den überversorgten Gebieten decken. Das macht man aber nicht. Stattdessen wird es erhebliche Zusatzkosten für die Versicherten geben.

Also höhere Beiträge?

Wie genau das aussehen wird, ist unklar. Wir rechnen mit Kostensteigerungen ohne gleichzeitige Qualitätsverbesserungen. Das darf nicht sein.

Wäre die Angleichung der Honorare für die Behandlung privat und gesetzlich Versicherter eine Lösung?

Wir wollen eine Bürgerversicherung - damit gäbe es keinen Unterschied mehr und deshalb auch keine Gerechtigkeitslücken in der Krankenversicherung. Alle Bürger würden einbezogen werden, also auch Selbstständige oder Beamte - und alle Einkommensarten. Wenn die Regierung diesen großen Schritt aber nicht gehen will, dann muss sie die finanziellen Ausgaben in unterversorgten Gebieten durch Mehreinnahmen in den überversorgten Gebieten decken. So kämen für die Versicherten wenigstens keine Zusatzkosten auf. Das Versorgungsgesetz schafft neue Mechanismen für mehr Intransparenz. Stattdessen hätte auf mehr Qualität gesetzt werden müssen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • WB
    Wolfgang Banse

    Landärzte dringend gesucht

    Landarztpraxen verwaisen,weil kaum jemand sich findet auf dem Land eine Praxis als Mediziner zu führen.

    Alle Verantwortliche sind hier gefordert,dass es zu keine Engpässe in der medizininischen Versorgung auf dem land kommt.Menschen auf dem flachen land dürfen was die medizinische Grundversorgung betrifft,nicht schlechter gestellt sein,als ein Stadtpatient.Finanzielle anreize um sich auf dem flachen Land als Mediziner sich nieder zu lassen ,sollte es nicht geben.Niemand darf auf Grund... benachteiligt werden....