: Versöhnung von Marokko und Algerien
■ Ab sofort werden die diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden Sahara–Anrainern wieder aufgenommen / Kurz nach dieser Erklärung meldete die Polisario die erste Militäroperation seit Januar in der von Marokko besetzten Zone der Sahara
Algier (rtr/afp/taz) - Algerien und Marokko werden ihre im März 1976 abgebrochenen diplomatischen Beziehungen ab sofort wieder aufnehmen. In einer am Montag abend gleichzeitig in Algier und Rabat veröffentlichten Erklärung versicherten beide Seiten, eine rasche Lösung des West– Sahara–Konflikts anzustreben. Die Entscheidung, den kriegsähnlichen Zustand zwischen beiden Staaten zu normalisieren, fiel am Sonntag bei einem Gespräch zwi schen dem marokkanischen Innenminister Basri und dem algerischen Präsidenten Chadli Benjedid. Dem Treffen der Politiker waren monatelange Geheimverhandlungen vorausgegangen. Marokko hatte nach dem Abzug der spanischen Kolonisatoren 1975 das Gebiet der Saguia el Hamra y Rio de Oro militärisc Sahara“ (DARS), die inzwischen von 71 Staaten der UNO anerkannt wird. In den letzten Jahren hatte die DARS vergeblich die Durchführung eines auch von der UNO geforderten Referendums verlangt, in dem die Bewohner des formal von Marokko annektierten Gebiets sowie die in Lagern im Süden Algeriens lebenden Flüchtlinge aus der West–Sahara über die künftige staatliche Form ihrer Heimat entscheiden sollten. In dem Kommunique zur Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen betonen Algerien und Marokko, daß die Volksabstimmung mit „totaler Gewissenhaftigkeit“ durchgeführt werden solle und eine „gerechte und definitive Lösung“ des Problems realisieren könne. In der letzten Zeit war es zu Spannungen zwischen der algerischen Führung und der DARS gekommen. Algerien stimmte gegen die Aufnahme der DARS in die Allianz der blockfreien Länder. Innerhalb der algerischen Führung hat sich besonders Präsident Chadli Benjedid für eine Beilegung des Konflikts mit Marokko eingesetzt, war mit dieser Position bisher aber am Widerstand der algerischen Armee–Führung gescheitert, die auf einer vollen Unterstützung der Polisario beharrten. Benjedid hatte vor kurzem den marokkanischen König Hassan II. zu dem für den 7. Juni in Algier geplanten Sondertreffen der Arabischen Liga eingeladen, das sich mit der arabischen Unterstützung des Aufstands der Palästinenser in den von Israel besetzten Gebieten beschäftigen soll. Hassan II. sagte seine Teilnahme unter der Bedingung zu, daß zuvor die diplomatischen Beziehungen beider Länder wiederhergestellt werden müssten. Langfristiges Ziel beider Staaten ist nach Erklärungen von Diplomaten beider Seiten, die Errichtung einer Wirtschaftsgemeinschaft im sogenannten „Grand Maghreb“, die neben Algerien und Marokko auch das von der DARS beanspruchte Gebiet umfassen soll. Das Versöhnungskommunique vom Montag erwähnt nicht, ob Marokko der seit langem bestehenden Forderung nach direkten Gesprächen mit der Polisario zugestimmt hat. Knapp sechs Stunden nach der Veröffentlichung der Erklärung gab die Polisario–Führung in Algier bekannt, daß ihre Truppen im Süden der von Marokko besetzten Zone eine erfolgreiche militärische Operation durchgeführt hätten. Seit Januar dieses Jahres war es nicht mehr zu Kämpfen zwischen der Polisario und den marokkanischen Einheiten gekommen. thore
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