■ McCash Flows Orakel: Verschwörung
Der Sündenbock für die Baisse, die sich auch eine Woche nach dem Schwarzen Montag fortsetzte, ist ja schon länger ausgemacht: Es sind die herz– und geistlosen Computerprogramme, die ohne wenn und aber Verkaufslawinen auslösten. Da eine Maschine als Buhmann nicht so richtig geeignet ist, hat man sich noch Finanzminister Baker ausgeguckt, dessen „unbedachte“ Äußerungen zum Dollar dem Faß den Boden ausgeschlagen hätten. Der Chef der Deutschen Bank, Christians, hat diese Unbedachtheit jetzt in Frage gestellt und den Verdacht geäußert, daß Baker den Kurseinbruch mit Vorbedacht herbeigeredet hätte: damit im Wahljahr 1988 die Kurse wieder steigen. Man stelle sich vor, der Krach der letzten Woche wäre mitten in einen Wahlkampf geplatzt - die Regierenden sähen kein Land mehr. Die Verschwörungstheorie Christians hat es also durchaus in sich: Das reinigende Gewitter 1987 sorgt dafür, daß die Reagonomen 1988 auf Wachstum, steigende Kurse, gutes Wirtschaftsklima und die großartig gemeisterte Krise des Vorjahrs verweisen können. Nun ist die Börsenwelt ein viel zu komplexes pschyologisches Feld, als daß es ein Finanzminister mit einer gezielten Äußerung gezielt und berechnet beeinflussen könnte, aber der Börsencrash paßt einfach zu gut ins Konzept, sodaß man Baker schon unterstellen kann, den Stein bewußt ins Rollen gebracht zu haben. Der computerisierte Porgrammhandel, nach dessen Reformierung Wall Street jetzt schreit und dessen Geschwindigkeit Baker unterschätzt haben könnte, hat nur dafür gesorgt, daß sich aus der geplanten leichten Lawine ein böser Erdrutsch entwickelte. Obwohl es leichter ist, die Börse nach unten zu beten als sie hoch zu reden, der konzertierten Wahlkampf–Aktion von US–Wirtschaft und Politik wird es gelingen - im Sinne der Christianschen Verschwörungstheorie müßte 1988 ein fettes Börsenjahr werden.
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