: Verschon mein Brem’n
FLÜCHTLINGE Die CDU überlegt, ob man unbegleitete Minderjährige, die hierher fliehen, nicht in andere Länder schicken kann. Das ist „unzulässig“, sagt der Senat. Sogar die Seemannsmission nimmt Leute auf
Die CDU ändert beim Thema „Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge“ ihren Ton. In den vergangenen Monaten sorgte sich ihre sozialpolitische Sprecherin Sigrid Grönert vor allem um eine altersgerechte Betreuung und Beschulung der Kinder und Jugendlichen, die ohne ihre Eltern nach Bremen geflohen sind. Jetzt fragt sie hingegen beim Senat nach, ob sich die Kinder und Jugendlichen, die ohne ihre Eltern nach Bremen geflohen sind, nicht auch in anderen Bundesländern unterbringen ließen. Schließlich habe „kaum eine andere norddeutsche Stadt solche Zuwächse in diesem Bereich zu verzeichnen“, schreibt die CDU. Und: „Unsere Stadt scheint offenbar ein beliebtes Ziel von Schlepperaktivitäten zu sein.“
Tatsächlich ist Bremen aber keine Ausnahme von der Regel, dass minderjährige Flüchtlinge vor allem in Großstädte fliehen – weil es dort die entsprechende Infrastruktur gibt und die Fluchtwege dorthin bekannt sind, wie der „Bundesfachverband Unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge e.V.“ vergangene Woche mitgeteilt hat. 149 Kinder und Jugendliche lebten zum Stichtag am 30. Juni 2013 in Bremen. Zum Vergleich: In Hamburg stieg die Zahl minderjähriger Flüchtlinge von 191 im Jahr 2009 auf 623 im vergangenen Jahr, in diesem Jahr werden es noch mehr sein.
Eine Umverteilung in andere Kommunen, wie es der CDU vorschwebt, sei „rechtlich unzulässig“, wie der Senat der Fraktion in einem Schreiben antwortet, das heute beschlossen werden soll: „Eine Umverteilung minderjähriger Flüchtlinge auf andere Länder und Kommunen ist rechtlich unzulässig.“ Zwar habe man wegen der fehlenden Unterbringungsmöglichkeiten in Bremen bei Jugendhilfe-Trägern im niedersächsischen Umland angefragt, aber es gebe derzeit niemand, bei dem oder der im Einzelfall eine Ausnahme gemacht werden könne. Stattdessen werden ständig weitere Plätze in Bremen geschaffen. Übergangsweise nimmt jetzt sogar die Seemannsmission zehn junge Männer auf – um die Zahl derjenigen gering zu halten, die in der nicht jugendgerechten Zentralen Aufnahmestelle für Asylbewerber (Zast) ausharren müssen. Dennoch bleibt wegen des steigenden Zulaufs in der Zast die Zahl konstant bei 40 Minderjährigen. Laut Senat bleiben männliche Jugendliche dort im Schnitt 45 Tage. Einer lebte sogar 103 Tage in der überfüllten Einrichtung, in der Kinder und Jugendliche eigentlich maximal drei Tage bleiben sollen, weil weder die räumliche noch die personelle Ausstattung den Anforderungen der Jugendhilfe genügt. Nicht zur Regel werden soll laut Senat die Unterbringung in einem Hotel. Dies sei nur eine „Notlösung“ gewesen, heißt es in einer ersten Fassung der Senatsantwort. In der gültigen fehlt diese Passage allerdings.
Nicht beantworten kann der Senat die Frage der CDU, wie viele minderjährige Flüchtlinge straffällig geworden sind. Dies werde nicht erfasst, heißt es in der Antwort. Und: „Höhere Flüchtlingszahlen begründen per se keine höheren Straffälligkeitszahlen. Auftretende Straffälligkeit minderjähriger Flüchtlinge kann grundsätzlich im bestehenden System der Jugendstraffälligenhilfe bearbeitet werden. Es gibt dazu nach Auffassung des Senats für die Stadtgemeinde Bremen derzeit keine zielgruppenspezifischen Nachbesserungsbedarfe.“ EIB