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Verschlossene Türen auf der BerlinaleKein Recht auf Glück

Unsere taz-Autorin möchte einen Berlinale-Film sehen. Sie kommt fünf Minuten zu spät – und muss draußen bleiben.

Hier kommt nur rein, wer ein Ticket hat. Und manchmal nicht mal die. Foto: dpa

Anfang der Woche kam Israels Ministerpräsident Netanyahu in die Hauptstadt. „Ah, ein Jude“, sagt der Mann vor mir, mit Blick auf Israels Flagge am Waldorf Astoria. Ein ominöser Kommentar. Rund um den Zoo ist alles abgeriegelt, die Straßenüberquerung dauert eine Ewigkeit. Die Polizistin hat keine Schleichweg-Tipps parat, sie ist aus NRW.

Der Weg zur glückverheißenden Berlinale-Spielstätte namens „Haus der Berliner Festspiele“ ist mühsam und dauert viel länger als üblich. Nicht nur für mich. Auch für andere Akkreditierte, darunter Leute mit sündhaft teuren Badges, aber auch für ganz normale Zahlkartenbesitzer. Einer von ihnen ist Rollstuhlfahrer und kommt in Begleitung. Das Festival, das dieses Jahr für Flüchtlinge, Folteropfer und sehr allgemein und entsprechend nichtssagend für ein „Recht auf Glück“ plädiert, schreibt sich Service-Leistungen im eigens dafür benannten Sektor „Berlinale Inklusion“ groß auf die Fahnen.

Nun stehen wir allerdings um fünf (sic!) Minuten nach Filmbeginn wie ein Häufchen Elender vor bereits fest verschlossenen Türen. Und werden immer mehr. Zwei Jungs drehen gleich ab: „Jetzt weißt Du“, sagt der eine, „warum ich nie zur Berlinale wollte, Scheiß-Laden.“ Mir spukt das Motto vom „Recht auf Glück“ im Kopf umher. Wie hieße es richtigerweise? Spielräume und Fingerspitzengefühl? Oder ganz einfach: Wer kennt heute noch angemessenes, menschliches Verhalten? Sollte Berlinale-Direktor Dieter Kosslick das nicht eher einfordern und zwar nicht nur von Filmhelden, sondern den Mitarbeitern. The human touch. Festival der Herzen. Und so weiter.

Doch die Uhr tickt noch. Eine SMS aus dem Saal: Beeil dich, viele Plätze frei. Hoffnung keimt auf. Seit Tagen weiß man: Rechtzeitig anstellen lohnt sich, bei Freiplätzen bist du drin. Betonköpfe, das war mal, Technobürokraten – selten geworden. Ach, Berlinale, Du machtest fast Spaß!

Wie im Film. Leider im falschen

Wer sind also diese Leute hier, die Sätze sagen wie: „Sie können sich nicht vorstellen, wie viele Blicke jetzt auf meinen Schultern lasten, wenn ich Sie noch reinlasse.“ Jedes freundliche Bitten und heftige Betteln hilft nichts. Von Beschimpfungen nimmt man Abstand, die Pinguine im schwarzen Frack tun einem irgendwie auch Leid. Die hier sind noch ärmer, sie tragen hässlich bieder-rote Uniformen.

Mitleid wieder weg, Aggression da. Vor allem, was jetzt kommt, verdient eigentlich die Faust. Leider handele es sich um kein Kino, weshalb es keine Türen gäbe, die nach Filmbeginn noch geöffnet werden könnten. Und ich dachte schon, die Leute hätten Kinokarten in der Hand – aber offenbar wollten die in die Oper und ziehen deshalb alle so brav ab. Der Rollstuhlfahrer auch. Keine Gegenwehr, nirgends. Wozu auch? Ich murmle was von Beschwerde, Vorgesetzten, … . No comment. Der lächerliche Einlass-Maxe bringt sich in Sicherheit, zieht die Glastür zu und lässt mich ins Aquarium schauen. Wie im Film. Leider im falschen.

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4 Kommentare

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  • Puh, leider verstehe ich den Artikel gar nicht. Ich finde Ihre Worte etwas abgehoben. Wie unbedacht Sie über Menschen urteilen, die einfach nur ihren Job machen, tut fast schon weh.

    Vielleicht sollten Sie anfangen, mal nicht nur an sich zu denken, und mal Ihre Mitmenschen: An die Mitarbeiter zum Beispiel, über die Sie so böse reden. Oder über all die Leute im Kinosaal (die im Gegensatz zu Ihnen pünktlich waren) und einen Berlinale-Film genießen möchten, ohne ständige Unterbrechungen von Menschen die zu spät kommen und im dunkeln Plätze suchen.

    Vielleicht suchen Sie erstmal ihre eigenen Fehler. Das wäre schön. Danke.

     

    P.S.: Auf dem Ticket steht sogar "Für Zuspätkommende kein Einlass"...gleiches Recht für alle, Sie sind nicht bevorzugt nur wegen Ihres Presseausweises ;-)

  • Wenn Sie sich also demnächst mal wieder wie im falschen Film fühlen, dann schildern Sie doch bitte die Handlung so, wie sie tatsächlich stattfand und verschweigen nicht Ihren persönlichen Beitrag zum Nicht-Gelingen eben dieses Films.

    Ich glaube die Berlinale würde allen Beteiligten mehr Spaß machen, wenn die Grundregeln des menschlichen Miteinanders von allen Seiten beachtet werden würden. Das wütende Wedeln mit dem Presseausweis und Androhen eines negativen Artikels gehört für mich nicht in diese Kategorie!

     

    P.S. Wenden Sie sich doch bitte direkt an das Organisationsteam der Berlinale, wenn Sie mit der Farbe rot so gar nichts anfangen können. Blaue Jackets oder ein gelber Teppich wären doch sicherlich mal ein Hingucker.

  • Liebe Frau Wurm,

    grundsätzlich kann ich in Ihren Ärger nachvollziehen, denn es ist natürlich schwer einen vermutlich tollen Film bei der Berlinale nicht sehen zu können.

     

    Jedoch vernachlässigen Sie in Ihrer Wutschrift einige wesentliche Punkte.

     

    Sie vergessen beispielsweise jegliche Selbstkritik, da Sie in die geschilderte Situation erst kamen, da Sie nicht pünktlich waren. Vielleicht könnten Sie ihr Zeitmanagement demnächst so gestalten, dass Sie einfach etwas eher an Ihren Zielort gelangen und dann nicht andere für Ihren Fehler verantwortlich machen.

     

    Zum anderen schreiben Sie zwar, dass Sie 5 Minuten zu spät kamen, allerdings legen Sie diese klassischen "ich bin doch nur 5 Minuten zu spät" etwas weit aus. Ich war einer der "lächerlichen Einlass-Maxen" mit den "hässlich bieder-roten Uniformen" (ich finde es übrigens nicht so elegant, wenn man über vermeintliche Diskriminierung schreiben möchte, aber dabei andere aufgrund ihres Aussehens abfällig beurteilt - aber das nur als kleine Randnotiz).

    Durch meine "sichere Glastür" konnte ich somit klar sehen, dass Sie deutlich später als nur 5 Minuten zu spät kamen.

    Ihr von Anfang an unfreundliches, fordernderes und - wie sich in Ihrem Artikel erneut bestätigt- respektloses Auftreten blieb mir direkt in Erinnerung. Vielleicht können Sie auch diesbezüglich Ihren Umgang mit Ihren Mitmenschen selbstkritisch reflektieren. "The human touch" funktioniert nicht als Einbahnstraße. Das wütende Wedeln mit dem Presseausweis und Androhen eines negativen Artikels gehört für mich nicht in diese Kategorie!

     

    Der Rollstuhlfahrer, der sich natürlich prima als Aufhänger Ihrer Geschichte eignet, kam ca. 20 Minuten zu spät und verstand ohne Weiteres, dass wir während eines laufenden Films nicht die über 800 pünktlichen Besucher wegen des Zuspätkommens einiger weniger in ihrem Berlinaleerlebnis stören können.

  • Wer sind also diese Leute hier, die Sätze sagen wie: „Sie können sich nicht vorstellen, wie viele Blicke jetzt auf meinen Schultern lasten, wenn ich Sie noch reinlasse.“

     

    Ganz einfach: Das sind prekär beschäftigte Menschen, die für knapp über Mindestlohn bereit sind, sich mehrmals am Tag dafür beschimpfen zu lassen, dass sie eine Türpolitik durchsetzen, die sie sich nicht selbst ausgedacht haben und denen dabei natürlich von Berlinale-Seite über die Schultern geschaut wird. Kurzum: Es sind die falschen Ansprechpartner für eine möglicherweise zu Recht kritisierte Einlasspolitik bei der Berlinale, auf die übrigens jedes Ticket hinweist. Dort steht: "Für Zuspätkommende kein Einlass"