Veröffentlichung neuer Flugsicherheitsregeln: US-Behörde drohte Bloggern

Zwei Weblog-Betreiber, die eine neue Flugsicherheitsrichtlinie veröffentlicht hatten, bekamen Besuch von der US-Behörde für Transportsicherheit. Sie wollte Quellen wissen.

Ein Senkrechtstarter waren die neuen Flugsicherheitsrichtlinien nicht gerade: Im Internet wurden sie hämisch kommentiert. Bild: dpa

BERLIN taz | Nach dem Anschlag auf den Weihnachtsflug 253 nach Detroit hat die US-Flugsicherheitsbehörde Transportation Security Administration (TSA) neue, schärfere Regeln erlassen. Eigentlich sollte die Direktive mit dem Namen "SD-1544-09-06", die solche Terrorversuche künftig vermeiden helfen soll, wie alle anderen direkt an die Airline- und Flughafen-Industrie gerichteten TSA-Vorgaben geheim bleiben; doch in Zeiten des Internet blieb es natürlich nicht dabei.

Gleich mehrere US-Blogs, darunter auch das von Fotograf und Vielflieger Steven Frischling und das des Reisejournalisten Christopher Elliott, veröffentlichten SD-1544-09-06 Wort für Wort. Auch viele Medien berichteten über die teils drakonischen Maßnahmen - etwa der (inzwischen teilweise zurückgenommenen) Anweisung an Piloten, auf internationalen Routen Passagiere 60 Minuten vor der Landung in den USA nicht mehr aufstehen zu lassen, alles Handgepäck wegzusperren und das Unterhaltungssystem abzudrehen. Im Netz gab es teils hämische Kommentare, das sei alles schlimmer Aktionismus; zwischenzeitlich kursierten sogar Gerüchte, die Fluglinien würden künftig jegliche Elektroniknutzung verbieten und das Fliegen noch unangenehmer machen.

Bei der TSA, die direkt dem US-Heimatschutzministerium untersteht, stieß die schnelle Veröffentlichung der Sicherheitsdirektive, auf Empörung - man fürchte, das könne den Terroristen helfen, hieß es. Kurz vor dem Jahreswechsel reagierte die Behörde nun: Sie schickte ihre Beamten los, um gegen die Blogger Frischling und Elliott vorzugehen. Der unangenehme Besuch fand in der Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr statt und beinhaltete unangenehme Fragen und eine Vorladung, laut der die Blogger ihre Quelle nennen müssen. Die Direktive war eigentlich nicht als geheim gekennzeichnet und ging laut Frischling "an jeden Flughafen und jede Airline" - in aller Welt. "Die suchen nach Informationen über ein Sicherheitsdokument, das international an mehr als 10.000 Menschen ging", wundert sich der Netzpublizist.

Bei der TSA hieß es zunächst nur, das Untersuchungsbüro der Behörde ermittele derzeit, wie die jüngste Direktive "an Parteien gehen konnte, die diese Informationen nicht besitzen dürften". Den Bloggern wurden "ernste Konsequenzen" angedroht, wenn sie nicht kooperierten. Frischling hatte selbst sowieso nur wenige Informationen: Ihm war die Direktive von einem anonymen Google Mail-Account zugespielt worden. Der Mann sei offenbar ein Sicherheitsbeamter der TSA, der an einem Flughafen arbeite, sagte Frischling dem Fachdienst "Wired News".

Warum die TSA ausgerechnet gegen die Blogs von Frischling und Elliott vorging, ist unklar - in Kommentaren wurde die Vermutung geäußert, die Beamten wollten ein Exempel an leidlich kleinen Netzpublizisten statuieren. Denn: Interessanterweise tauchte die Direktive nicht nur in den relativ unbekannten Blogs der beiden Reiseexperten auf, sondern mit Verweis auf diese Angebote etwa auch im viel gelesenen Technik-Fachblog Gizmodo. Dort schlug die TSA indes zunächst nicht mit ihren Beamten auf; offenbar wollte man direkt zur Quelle.

Allerdings scheint die Sache inzwischen sowieso ein Happy End zu haben: Nachdem sowohl Frischling als auch Elliott Medien und andere Blogger informierten und sich über das harsche Verhalten der TSA beschwerten, lenkte die Behörde ein. Kurz vor Neujahr erhielten die beiden Netzpublizisten Anrufe, die Flugsicherheitsbehörde werde ihre Vorladung nun doch nicht aufrecht erhalten. Damit können die Quellen geheim bleiben. Frischling, dessen Laptop bei der Durchsuchung beschädigt wurde, soll nun ein Ersatzgerät erhalten. Der Blogger fürchtet trotzdem, dass er nun "auf dem Radar der TSA" ist und künftig seinem Job nicht mehr ohne Angst nachgehen kann. Er hat deshalb eine Aufkleberaktion gestartet: "Unterstützt mein Blog!

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