Vernetzung von Fahrzeugen: Mit Vollgas in die Verkehrskontrolle
Neuwagen sollen in den USA in einigen Jahren verpflichtend vernetzt werden. Auch hierzulande bekommen Autos immer mehr Sensoren.
Mit der Vernetzung ist die sogenannte Car-to-Car-Communication gemeint, die Kommunikation von Auto zu Auto. Ziel ist es dabei vor allem, Unfälle zu vermeiden: So könnte etwa ein nachfolgendes Auto automatisch abbremsen, wenn das Fahrzeug davor einen knappen Spurwechsel durchführt oder plötzlich anhält. Darüber hinaus könnten Staus vermieden werden, wenn sich nähernde Fahrzeuge etwa bei einem Unfall gewarnt werden und dann auf alternative Routen ausweichen.
Laut Dopart gibt es in den USA ein „signifikantes Interesse“ daran, ältere Fahrzeuge mit Modulen für die Kommunikation zwischen Fahrzeugen auszurüsten. Voraussetzung für die Kommunikation von Auto zu Auto ist, dass die Fahrzeuge Daten erheben, die sie übermitteln können. Das passiert bereits in aktuellen Fahrzeuggenerationen: Sensoren ermitteln beispielsweise Beschleunigung und Kurvenverhalten, Lenk- und Radgeschwindigkeit, das Ein- und Ausschalten von Lichtern oder die Zahl der Personen im Fahrzeug.
Auch die Bundesregierung verspricht sich viel vom vernetzten Fahren. Weniger Staus, weniger Unfälle, weniger Emissionen, mehr Beschäftigung. „Leitmarkt“ soll Deutschland werden, so steht es in einem Papier des Verkehrsministeriums, das die Bundesregierung schon im September beschlossen hat. Doch ob auch hierzulande eine Pflicht zur Vernetzung erwogen wird, beantwortet das Ministerium nicht.
Vermutlich aus guten Gründen – denn eine Pflicht würde auf Widerstand von Daten- und Verbraucherschützern stoßen. „Durch die Vernetzung kann ein Überwachungssystem entstehen“, sagt etwa Friedemann Ebelt vom Verein Digitalcourage. Nicht nur staatliche Stellen, auch Versicherungen oder etwa die Unterhaltungsindustrie hätten ein Interesse an den Daten. Schon jetzt gibt es hierzulande Versicherer, die für einen defensiven Fahrstil Rabatte geben. Belegt werden muss dieser durch die Fahrzeugdaten.
Überwachung oder Sicherheit?
Aus den erhobenen Daten ließen sich – gegebenenfalls in Echtzeit – zahlreiche Informationen gewinnen. Zum Beispiel: Wer hat zu einem bestimmten Zeitpunkt das Ziel seiner Fahrt abrupt geändert? Oder: Welche Musik hören Fahrer, wenn sie nachts unterwegs sind? „Personen werden erkennbar, Muster und Abweichungen“, sagt Ebelt. Dabei betont er: Es ginge auch privatsphärefreundlich – wenn auf Transparenz und offene Standards gesetzt wird und weder FahrerInnen noch Fahrzeugen eindeutige Kennnummern zugeteilt werden.
Hierzulande ist das laut Karl-Oskar Proskawetz vom europäischen Car 2 Car Communication Consortium auch der Plan. „Die Kennungen werden gewechselt, damit Sie nicht permanent mit der gleichen Kennung unterwegs und damit überwachbar sind.“ Die Standards seien offen, sodass unterschiedliche Hersteller Hard- und Software anbieten könnten. Das Konsortium, maßgeblich besetzt mit Akteuren aus der Autoindustrie, hat es sich zum Ziel gesetzt, in Europa 2019 erste vernetzte Fahrzeuge auf die Straße zu bringen.
In kleinerem Maßstab werden sie aber schon früher kommen. Ab dem 31. März 2018 müssen Neuwagen europaweit mit dem System eCall ausgestattet sein. Das ist mit den Sensoren des Fahrzeugs verbunden und soll im Fall eines Unfalls sowohl Standort und Uhrzeit an die Notrufzentrale übermitteln als auch aus den Fahrzeugsensoren gewonnene Daten – etwa die Zahl der Personen im Auto und die Art des Treibstoffs.
Das System ist verpflichtend. Ein Kompromissvorschlag, wonach Haltern freigestellt werden sollte, ob sie sich an dem System beteiligen wollen, wurde abgelehnt – schließlich solle es mehr Verkehrssicherheit für alle geben. Gut möglich, dass dieses Argument eines Tages auch für die weitere Vernetzung gelten wird.
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