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Vermittlungsversuch Tutus scheitertVerhandlungsstau in Kenia

Keine Lösung in Sicht: Regierung und Opposition machen sich gegenseitig unannehmbare Vorschläge zur Beilegung der Krise. Unterdessen leidet die Wirtschaft.

Gute Miene, aber kein Ergebnis: Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu (r.) trifft Präsident Kibaki (l.) Bild: dpa

NAIROBI taz Auch der zweite Versuch von Kenias Opposition, eine Million Demonstranten zu einer Protestkundgebung im Zentrum von Nairobi zu versammeln, schlug am Freitag fehl. Seit Sonnenaufgang umringten Tausende von Polizisten den Freiheitspark. An den Zufahrtsstraßen zur Innenstadt standen Mannschaftswagen bereit, um Demonstranten wie am Vortag mit Tränengas und Wasserwerfern aufzuhalten.

Dabei war Präsident Mwai Kibaki am Donnerstagabend scheinbar erstmals auf die Opposition zugegangen. "Ich bin zu einem Dialog mit allen beteiligten Gruppen bereit", erklärte er vor dem Präsidentenpalast. "Voraussetzung dafür ist, dass sich die Lage im Land beruhigt."

Der mächtige Oppositionspolitiker William Ruto wies den Vorschlag wie erwartet postwendend zurück: "Wir werden mit Kibaki nicht zu seinen Bedingungen verhandeln." Das hatte die Opposition schon seit Tagen gesagt - stattdessen fordert sie eine internationale Vermittlung, die Kibaki ablehnt. Zwar traf sich Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu schließlich doch mit Kibaki und sagte danach: "Der Präsident hat grundsätzlich nichts gegen eine Koalitionsregierung als Ausweg." Allerdings nur wenn die Opposition anerkenne, dass er, Kibaki, oberste Autorität bleibe. Die Chancen dafür sind gleich null.

Fünf Tage nach Beginn der Unruhen, bei denen dem Roten Kreuz zufolge Hunderte Menschen ums Leben gekommen sind, bewegten sich in der Sache weder Kibaki noch sein Erzfeind Raila Odinga, der den Wahlsieg für sich in Anspruch nimmt. Bei allen Äußerungen ging es lediglich darum, dem Gegner die Schuld für den Stillstand anzulasten. Denn die Kenianer wurden langsam ungeduldig. "Sollen die sich da oben doch einigen, ich will endlich wieder arbeiten gehen", machte ein Slumbewohner seinem Frust Luft. Es gab aber auch viele, die Odingas Widerstand weiter die Stange hielten.

Die Strategie der Opposition, durch die Blockade von Kenias Wirtschaft die Regierung unter Druck zu setzen, ging zunächst auf. "Wir schätzen, dass Kenias Wirtschaft täglich mehr als 25 Millionen Euro verloren gehen", kritisiert die Chefvolkswirtin der Standard Chartered Bank, Razia Khan. "Und die langfristigen Folgen könnten noch viel schlimmer sein, wenn sich das zuletzt sehr gute Investitionsklima in Kenia ins Gegenteil umkehrt." Die Börse befand sich auch am Freitag im freien Fall, ebenso wie der Kenianische Schilling. Immer mehr importierte Waren wurden knapp, allen voran Benzin. "Die Container stapeln sich im Hafen, wir haben hier absolute Verstopfung", warnte Kenias Hafengesellschaft.

Der Chef von Kenias Tourismusverband, Jake Grieves-Cook, rief zu einer schnellen Lösung auf. "Wenn wir bis kommende Woche eine Lösung haben, dann können wir wohl viele Buchungen für den Sommer halten, die sonst storniert werden." Grieves-Cook kennt sich aus mit Problemen: Nach zwei Terroranschlägen 1998 und 2002 hatte sich die Urlaubswirtschaft, Kenias wichtigster Devisenbringer, nur langsam erholt. Doch während die Polizei in Mombasa am Freitag 200 Demonstranten mit Tränengas einnebelte, merkte man an den Stränden immer noch nichts von der Krise. "Die Stimmung ist gut und es gibt auch keine Versorgungsengpässe", berichtet Catrin Schwerring, die das Bahari Beach Resort nördlich von Mombasa betreibt. "Unser einziges Problem ist, dass frische Waren täglich teurer werden."

Doch aus Angst vor Übergriffen strichen britische Veranstalter am Freitag alle Pauschalreisen nach Kenia. 300 französische Touristen wurden bereits ausgeflogen.

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