Vermieter wollen Staatsknete für billige Mieten: Sozial nur gegen viel Geld
Wohnungsunternehmer wollen 90.000 Wohnungen zu sozialverträglichen Mieten anbieten. Dafür wollen sie viel Geld vom Senat. Der denkt darüber nach.
In der Diskussion um überteuerte Sozialwohnungen haben die Wohnungsunternehmer einen neuen Vorschlag vorgelegt: Sie seien bereit, 90.000 Wohnungen zu "besonders günstigen Nettokaltmieten" anzubieten, erklärte der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) am Donnerstag. Das wäre etwa die Hälfte der derzeitigen Sozialwohnungen. Im Gegenzug sollten die Unternehmen Darlehen an den Senat zu deutlich günstigeren Bedingungen zurückzahlen können. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung erklärte, alle Vorschläge würden geprüft. Im Juni solle ein Konzept zur künftigen Wohnungspolitik vorgelegt werden.
Sozialwohnungen sind in Berlin paradoxerweise teurer als Wohnungen am freien Markt. Sie kosten im Durchschnitt 5,34 Euro pro Quadratmeter, am Markt sind es 4,83 Euro. Zwar bezuschusst das Land Eigentümer, damit diese die Mieten von Sozialwohnungen gering halten, allerdings werden die Zuschüsse jedes Jahr um 13 Cent gekürzt. Die Vermieter können sich das fehlende Geld von den Mietern holen - mit dem Ergebnis der überteuerten Wohnungen. Außerdem stehen tausende Wohnungen leer, weil sich keiner mehr für sie interessiert. Bei den Mitgliedsfirmen des BBU etwa stehen 7,3 Prozent Sozialwohnungen leer; insgesamt liegt die Quote bei 3,5 Prozent.
Der Senat denkt darüber nach, die Förderpolitik ganz zu beenden. Unternehmen sollen Subventionen, die sie als Darlehen erhalten haben, vorzeitig und in geringerer Höhe zurückzahlen dürfen. Ein Konzept der Verwaltung sieht allerdings vor, die Mieten auf 10 Prozent unter den Durchschnittspreis laut Mietspiegel zu drücken. Auf diese Zahl wollte sich der BBU bislang nicht festlegen.
Stattdessen forderte Vorstandsmitglied Maren Kern weitere Zugeständnisse vom Land. Baugrundstücke auf den Flughafenflächen Tempelhof und Tegel sollten kostenlos an Wohnungsunternehmen und -genossenschaften abgegeben werden - um Neubau zu fördern. Neubaumieten könnten sich dadurch um 1,50 Euro pro Quadratmeter und Monat verbilligen. "Es hätte den Vorteil, dass städtebaulicher und sozialer Nutzen Hand in Hand gehen würden", so Kern. Sie geht davon aus, dass Neubauten nicht unter 10 Euro pro Quadratmeter Miete zu realisieren sind. Dazu erklärte Verwaltungssprecher Mathias Gille, das Land sehe keinen Grund, Flächen kostenlos abzugeben.
Mittelfristig müssten in Berlin wieder Wohnungen gebaut werden, auch wenn der Markt im Moment nicht angespannt sei, sagte Kern. Im vergangenen Jahr sank die Leerstandsquote bei BBU-Unternehmen um 0,4 Punkte auf 3,5 Prozent, damit standen 23.000 Wohnungen leer. Etwa ein Drittel davon sind schwer vermietbar, die anderen sind wegen Modernisierungen oder Mieterwechsel nicht bewohnt. Der BBU ist mit 665.000 Wohnungen für 40 Prozent des Bestands in Berlin zuständig. Der Senat geht von gut 5 Prozent Leerstand insgesamt aus.
Laut Kern hat sich zum Beispiel der Leerstand im Wedding mit einem Minus von 1,7 Prozent am meisten verringert; hier stehen 3,3 Prozent der BBU-geführten Wohnungen leer. Problemfall bleibt Hellersdorf mit einem Leerstand von 8,1 Prozent. In Prenzlauer Berg und Mitte sind nahezu alle Wohnungen belegt. Der BBU sieht dies nicht als Problem, sondern als "Rückkehr in die Metropolen-Normalität". Kern sagte, es sei ein gutes Zeichen dass sich so viele Haushalte gutes Wohnen leisten können.
Die Frage, warum der BBU die Mieteinnahmen aus Szenekiezen nicht verwende, um anderswo schon jetzt preisgünstigen Wohnraum anzubieten, wehrte das Vorstandsmitglied ab. Die Mieten in Mitte seien ja nicht explodiert, sagte sie und bemühte einmal mehr den Vergleich mit Preisen in Köln und München. In der Wohnungswirtschaft könne man nicht reich werden, fügte ihr Sprecher hinzu. Indes musste kein Mitgliedsunternehmen infolge der Wirtschaftskrise Insolvenz anmelden.
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