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Verlierer ist die Umwelt

■ Durch die Verbilligung des Güterverkehrs auf deutschen Straßen wird die Bahn weiter abgehängt

Verlierer bei dem Beschluß in Brüssel ist die Umwelt. Denn der Transport auf der Straße wird in Deutschland durch die Harmonisierung der KFZ-Steuern billiger. Die Bahn, die in den letzten Jahren stets einen schrumpfenden Anteil am Warentransport verzeichen mußte, wird weiter abgehängt. Eine Vignette belastet zudem Viel- und Wenigfahrer gleichermaßen. Eine vom EG-Umweltministerrat eingesetzte Arbeitsgruppe hatte bereits 1990 in einem Report darauf hingewiesen, daß für die Umwelt die Zunahme des Güterverkehrs die schlimmste Folge des EG-Binnenmarktes sein werde. Sogar diese Studie, die die Warenströme von und nach Osteuropa noch nicht vollständig einrechnete, ging von einem Zuwachs des Schwerlastverkehrs um 30 bis 50 Prozent aus. Und auch in den Jahren vorher war die Zahl der stinkenden, rollenden und sich stauenden LKW schon enorm angestiegen. Allein in Deutschland gab es 1990 doppelt so viele Transporte mit dem Laster wie noch zehn Jahre zuvor.

Nachdem die EG bis 1985 nicht einmal offiziell Verkehrspolitik betrieben hatte, forderte EG- Kommissar van Miert in den letzten Jahren ein Umdenken: Der Güterverkehr müsse mit allen von ihm verursachten Kosten — auch Umwelt- und Sozialkosten — belastet werden. Sein Weißbuch aber war ebensowenig verbindlich wie die im letzten Jahr verabschiedeten Sommersmoggrenzwerte. Denn in keinem Fall wurden von den EG-Ministern konkrete Maßnahmen beschlossen. Und auch die 1987 erlassenen Umweltvorschriften, die die Anwendung des Verursacherprinzips fordern, wurden bei der Verkehrspolitik regelmäßig ausgehebelt.

Wenn es aber um die Interessen der Spediteure geht, sind die Vorgaben der EG stets sehr konkret. So wurden in den letzten Jahren immer schwerere LKW zugelassen, und auch die erlaubten Höchstbreiten und -längen wurden regelmäßig aufgestockt. Die Kosten für breitere Straßen und Kurvenführungen werden auf eine zweistellige Milliardensumme veranschlagt. Sogar das deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), das wohl kaum einer wirtschaftsfeindlichen Haltung bezichtigt werden kann, warnte im letzten Jahr vor den Folgen einer Verkehrspolitik, die sich allein dem Wachstumsglauben hingibt.

Außer der Umwelt aber dürfte die neue Regelung auch den osteuropäischen Spediteuren zu schaffen machen. Denn während EG- Laster in ihren Ländern kostenfrei fahren, müssen auch sie eine Vignette kaufen. Skandinavische Transportunternehmen werden den Weg durch Polen und die ČR wählen und so die Blechlawine teilweise dorthin verlagern.

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