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Verleihung des Adolf-Grimme-PreisesMein erstes Marl

Zwischen Fleischsalat und Iris Berben: Die Verleihung des Adolf-Grimme-Preises ist doch immer wieder nett.

Eine Verleihung fast wie gutes Fernsehen: die Grimme-Preisträger Bild: ap

Manchmal macht Marianne Overdieck die Sülze selber, die sie ihren Gästen zum Frühstück kredenzt. Oder den Fleischsalat. An diesem Morgen allerdings müssen wir mit Ware aus dem Supermarkt vorliebnehmen: Man kommt ja zu nix …! Zeit für ein Schwätzchen im Frühstücksraum findet Frau Overdieck aber trotzdem. In der Tür stehend, erzählt sie davon, wie der Mann einer "berühmten österreichischen Fernsehansagerin, die kennen Sie alle", im Suff mal "die Spülsteine aus der Wand gerissen" hat. "Ich hatte so nen Hals", sagt Frau Overdieck. "Den hab ich nie wieder genommen."

Auch wenn das Hotel Haus Overdieck schon mal bessere Zeiten gesehen hat, gibt es eine Nacht im Jahr, in der man froh sein kann, wenn Frau Overdieck noch ein Zimmer frei hat: immer dann nämlich, wenn in Marl der Adolf-Grimme-Preis verliehen wird, wie am Freitag wieder. Dementsprechend dankbar äußert sich auch die kurzfristig angereiste Agentin eines Preisträgers in ihrem Gästebucheintrag, zu dem Frau Overdieck jeden Gast persönlich auffordert - freundlich zwar, aber auch so bestimmt, dass alle Gäste der Anordnung Folge leisten, bevor sie "die Hauptstadt des Qualitätsfernsehens", wie Moderator Dieter Moor Marl bei der Preisverleihung am Vorabend genannt hat, so plötzlich wieder verlassen, wie sie keine 24 Stunden vorher dort eingefallen sind.

Familienanschluss ist nicht nur bei Marianne Overdieck inklusive, sondern auch bei dem vom Adolf-Grimme-Institut verliehenen Fernsehpreis. Man fährt nicht zum Grimme-Preis, sondern "zu Grimmes", alten Freunden in einer Kleinstadt im nördlichen Ruhrgebiet, die man nur einmal im Jahr sieht. Klar also, dass jeder ihrer Gäste diesen einen Abend auskostet. Das gilt sogar für den größten Star, der in diesem Jahr auf der Gästeliste stand. Iris Berben, die für ihr Lebenswerk ausgezeichnet wurde, harrte trotz Dauerbelagerung durch eine Fotografentraube bis weit nach Mitternacht auf der After-Show-Party aus, wo sie sich mehr mit Dieter Moor zu unterhalten schien als mit ihrem neuen Lebensgefährten, mit dem sie sich in Marl angeblich erst zum zweiten Mal öffentlich zeigte.

Auch wenn man natürlich kein Wort von dem verstanden hat, was Moor und Berben sich so zu sagen hatten (geht einen ja auch nichts an!), kann man davon ausgehen, dass Berben Moor zu seiner grandiosen Leitung des Abends beglückwünscht hat. Alles andere wäre ein Frevel gewesen. Denn selten hat man einen so wachen, spontanen, gut vorbereiteten, meinungsfreudigen und interessierten Moderator erlebt wie Moor am Freitag in Marl. Zusammen mit der Berliner Band "17 Hippies" gelang ihm das Kunststück, ein ziemlich schwer zu bespaßendes Publikum aus Journalisten, Schauspielern, Regisseuren und anderen Fernsehleuten zu treuen Verbündeten zu machen.

Wenn jetzt noch der Grimme-Preis seinen Minderwertigkeitskomplex überwinden würde, aus dem heraus die Preisträger immer schon Wochen vorher bekannt gegeben werden - in der Hoffnung, dass sie dann auch die beschwerliche Reise zu Grimmes nach Marl auf sich nehmen -, wäre die Preisverleihung nicht nur kurzweilig, sondern auch noch spannend. Wie gutes Fernsehen eben.

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1 Kommentar

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  • S
    Stefan

    Großes Lob an David Denk! Endlich einmal ein Bericht über den Grimme-Preis, der nicht ausschließlich davon lebt, dass er die Hässlichkeit Marls in aller Ausführlichkeit beschreibt. Nun gut, als in Marl geborener, lebender und arbeitender Journalist weiß ich ja, dass unsere Stadt nicht gerade einen Schönheitspreis verdient hat. Aber sie hat einen gewissen Charme, den man leider erst auf den dritten oder vierten Blick erkennt. Schön, dass Kollege Denk das erkannt hat.

    Und mal ehrlich: Der Grimme-Preis und Marl passen doch irgendwie zusammen. Klein, fein, gemütlich und - wie Dieter Moor bei der Vorbesprechung der Show angemerkt hat - ein "Fest unter Freunden" - das ist der Grimme-Preis. Es ist doch im Grunde genommen der beste Beweis dafür, dass ein angesehener Fernsehpreis keine Millionen teure Gala oder ähnliches braucht, sondern sich einfach nur auf das Wesentliche beschränken muss. Den Gästen gefällt es, wie spätestens die After-Show-Party gezeigt hat. Wo sonst können die Stars und Sternchen relativ ungestört einen Gala-Abend ausklingen lassen außer "bei Grimmes"? "Der Grimme-Preis ist noch immer handgemachtes Fernsehen", hat Sandra Maischberger gesagt, als sie vor vier Jahren moderierte. Das trifft es genau.