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Verlagsgruppe Milchstraße wird zerlegtBuddha beißt zu

Burdas Verlagsgruppe Milchstraße soll endgültig ausgeschlachtet werden. Vorerst 27 Mitarbeitern droht die Kündigung. Die Redaktionen wehren sich.

Hier droht Kahlschlag. Bild: dpa

"Journalismus, der objektiv informiert oder durch Meinung und Hintergründe interpre tiert, der mit Story-Telling fasziniert, ist krisensicher. In der digitalen und globalisierten Medienwelt wird journalistische Qualität (A-Content) ein kritischer Erfolgsfaktor. Eine moderne und zukunftsfähige Gesellschaft braucht Printmedien! Wir sind davon überzeugt: Zeitschriftenmarken haben großes Potenzial." So wie beim Media Day 2006 spricht Hubert Burda gern über seine Produkte. Jetzt muss er sich seine Sätze in eigener Sache unter die Nase reiben lassen: Mit ihnen beginnt ein offener Brief, den Mitglieder der TV-Spielfilm und der Cinema-Redaktion aus der Hamburger Milchstraße an ihren Inhaber im fernen Offenburg geschrieben haben.

Denn Burda ist dabei, die 2004 von Gründungsverleger Dirk Manthey übernommene Verlagsgruppe Milchstraße (TV Spielfilm, Fit for Fun, Max, Cinema) endgültig zu zerlegen: 27 Mitarbeitern soll nach Betriebsratsangaben gekündigt werden, nur 20 von ihnen bekommen die Chance, bei einer neuen Verlagstochter namens "P Eleven" wieder anzuheuern - zu schlechteren Bedingungen, versteht sich.

"Mit TV Spielfilm besitzen Sie den Qualitätsmarktführer unter den Programmzeitschriften", schreiben die Unterzeichner an Hubert Burda, der auch Präsident des Bundesverbands Deutscher Zeitungsverleger (VDZ) ist. "Jetzt geht Ihre Hamburger Verlagsleitung in die Offensive. Aber nicht etwa in puncto Kreativität, Werbung oder Marketing. Ihr Einfallsreichtum erschöpft sich in einem Kahlschlag, der dem jahrelangen Verfall der Unternehmenskultur in der Verlagsgruppe Milchstraße die Krone aufsetzt."

Dem ist wenig hinzuzufügen: Schließlich macht die Redaktionsmannschaft schon heute neben dem "eigenen" Blatt TV Spielfilm so ganz nebenbei noch die ebenfalls zu Burda gehörenden Programmzeitschriften TV Today und TV Schlau sowie als kleinen Nebenjob das TV-Magazin des Stern. Die 27 angekündigten Kündigungen sind zudem erst der Anfang: Mitte 2009 soll nach Burda-Planung auch die für alle Blätter wichtige Service- und Programmredaktion bei der Milchstraße wegfallen. Die zu kündigenden Mitarbeiter könnten dann ebenfalls zu schlechteren Konditionen in der "P Eleven" arbeiten - und sollen gleich noch ein paar weitere Titel bedienen.

"Weitere Mandanten und Objekte können mit dem beabsichtigten neuen Workflow nicht bedient werden. Denn der bedeutet für alle Mitarbeiter eine Verdichtung von Arbeitsabläufen, die nicht weiter verdichtet werden können. Oberflächlichkeit und unvermeidbare Fehler werden die Folge sein", heißt es dazu im offenen Brief.

Nicht nur mit seinen Milchstraße-Titeln hat der Verlegerpräsident Burda längst Tarifflucht begangen - jetzt werden die Standards noch weiter abgesenkt. Das passt zwar nicht so richtig zum Image des sich gern im milden Licht sozialen Engagements badenden, zukunftsorientierten Verlegergenies und Bambi-Buddhas Professor Hubert Burda - aber es hilft der lahmenden Rendite zumindest kurzfristig auf die Sprünge.

"Die Mitarbeiter haben spätestens jetzt erkannt, was es bedeutet, Teil eines Konzerns wie Burda zu sein", sagt Stefan Endter, Hamburger Landesgeschäftsführer des Deutschen Journalistenverbands (DJV): "Es kann sich niemand seines Arbeitsplatzes sicher sein." Endter geht davon aus, dass die derzeit bekannten Auslagerungen, die die heutige TV-Spielfilm-Belegschaft halbieren, nicht die letzten Maßnahmen des Konzernherrn sind. Wie Burda tickt, hatte der schließlich schon bei der Abwicklung von Max oder der Übernahme des früher zu Gru-ner + Jahr gehörenden Konkurrenztitels TV Today gezeigt: Auf warme Worte folgte da der Umzug in die Milchstraße, die Optik blieb, doch die Inhalte wurden von TV Spielfilm übernommen. Und die TV-Today-Redaktion komplett entsorgt.

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2 Kommentare

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  • C
    CJB

    Auch wenn mein Kommentar zu diesem Thema spät kommt - eines ist sicher, denn daran hat sich nichts geändert: Hubert Burda war noch nie ein Garant für sichere Arbeitsplätze. Das soziale Licht, in dem er sich sonnt, sind die letzten Strahlen der Korona, die seinen seligen Vater Franz und seine selige Mutter Aenne zierte. Die haben ihren Mitarbeitern ein günstiges Obdach gegeben, die Lohnfortzahlug bei Krankheit schon 1955 eingeführt und eine Betriebskrankenkasse gegründet.

     

    Klar, auch Hubert macht eine Menge beachtenswerter Dinge - Shoa-Stiftung, Kunstmäzenatentum und derlei mehr. Aber nur von dem Geld, welches er zuvor nach allen Regeln der Kunst aus Kunden und Mitarbeitern ausgepresst hat. Darin liegt ein wesentlicher Unterschied zum Wirken seines Vaters.

     

    Zu wünschen ist solchen Verlegern eigentlich nur, daß analog zu ihren Sparorgien die Qualität derart massiv sinkt, daß der ganze Kahn untergeht. Das ist zwar tragisch (aber folgerichig), was die Arbeitsplätze angeht, aber es würde den Geldgierigen eines klar vor Augen führen: Daß man eine Kuh melken kann, aber nícht auspressen.

     

    (Auch ich habe schon von den zweifelhaften Instrumenten der Personalführung, wie sie im Burda-Konzern üblich sind, kosten dürfen. Mobbing heißt das Stichwort, und ich war mit Sicherheit kein "bedauerlicher Einzelfall". - Burda: wie schön, daß man Geld nicht essen kann.)

  • PU
    Professor Unrat

    Da müssen wohl die Redakteure die Gürtel etwas enger schnallen, damit sich Buddha weiter solche Partys leisten kann:

     

    http://kara.allthingsd.com/20080917/kara-visits-burdas-dld-luncheon-in-silicon-valley/