Verlage und das iPad: Zwischen Bangen und Hoffen
Bei der iPad-Vorstellung fehlten digitale Zeitungen und Magazine. Denn es gibt keine Konzepte für kostenpflichtige Angebote. Selbst Jobs hat bisher nur den E-Book-Shop angekündigt.
BERLIN taz/dpa | Im Vorfeld der Ankündigung von Apples neuem Tablet-Rechner hatte es die wildesten Gerüchte gegeben: Nicht weniger als den digitalen Vertrieb von Journalismus werde das damals noch namenlose Gerät revolutionieren, hieß es. Bezahlinhalte, die von Nutzern im World Wide Web weitgehend verschmäht werden, sollen endlich nach vorne gebracht werden.
Nun ist das iPad seit letztem Mittwoch offiziell bekannt, doch von eventuellen Printverleger-Weltrettungsplänen seitens Apple war kein Sterbenswörtchen zu hören. Bei der Vorstellung durch Firmenboss Steve Jobs wurde allein ein neuer Shop für elektronische Bücher, "iBookstore" genannt, präsentiert - immerhin inklusive der Ankündigung, dass die wichtigsten US-Buchverlage mit dabei sein werden und man an internationalen Verträgen arbeite.
In Sachen digitaler Journalismus blieb es dagegen verdächtig leise. Allein zwei Vertretern der New York Times überließ Jobs für knappe zehn Minuten die Bühne, die allerdings nur eine in zwei oder drei Wochen zusammengeschusterte, auf iPad-Auflösung aufgeblasene Version der kostenlosen iPhone-Applikation des US-Blattes vorstellten. Es bleibt trotzdem weiter unklar, ob das Programm gratis sein wird oder in die von der New York Times demnächst geplanten neuen Abomodelle integriert werden soll. Verlagssprecher wollten sich dazu gegenüber US-Medien nicht äußern.
In der Printbranche gibt man sich entsprechend enttäuscht. Dort hatte es vor der iPad-Vorstellung unter anderem vom Time Warner-Konzern und dem schwedischen Zeitschriftenriesen Bonnier Prototypen und Demonstrationen digitaler Magazine im Netz zu sehen gegeben, die auf Tablet-Rechnern liefen. Sara Ohrvall, Entwicklungschefin bei Bonnier, sagte gegenüber dem Wall Street Journal, es habe weder "iMagazines" (für digitale Versionen von Zeitschriften) noch "iNews" (für digitale Zeitungen) gegeben. "Entweder wir verpacken unsere Produkte völlig anders oder wir haben soeben das Bezahlinhaltespiel verloren." Cathie Black, Präsidentin der Zeitschriftengruppe des US-Verlagshauses Hearst, klang gegenüber dem Wall Street Journal ähnlich enttäuscht: "Steve Jobs wäre schlau gewesen, eine Magazinfirma auf der Bühne gehabt zu haben." Nun gehe es darum, die richtigen Geschäftsmodelle zu finden.
Aus Deutschland, wo der Springer-Verlag seit kurzem mehrere kostenpflichtige iPhone-Programme zu seinen Printerzeugnissen (u.a. BZ, Bild, Welt) anbietet und die Süddeutsche Zeitung sich an einer "Goldversion" ihrer Gratis-App versucht, kamen weder Ideen noch klare Aussagen zu möglichen Zukunftsmodellen mit Geräten wie den iPad. Der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger ließ lediglich mitteilen, man beobachte die Entwicklung des iPads "und aller elektronischen Lesegeräte" mit "großem Interesse". Eine Vorhersage, ob sich damit im Netz der große Durchbruch beim Geldverdienen mit Zeitungsinhalten abzeichne, wollte man nicht wagen - allerdings verwies man auf die Gewöhnung vieler Menschen, mit mobilen Endgeräten eher Geld auszugeben als im regulären Internet.
Bei Burda in München glaubt man ebenfalls an die Vorteile elektronischer Zeitschriften und Zeitungen, ist sich aber bei Preisen von 500 Dollar aufwärts nicht sicher, ob sich das iPad rasant durchsetzen werde. Print-Produkte hätten hingegen weiterhin eine Zukunft. Ein Springer-Sprecher lobte immerhin, dass das iPad die von iPhone und iPod touch bekannte Bedienphilosophie samt Geschäftsmodellen auf einen größeren Bildschirm übertrage.
"Durch die Handhabung, die größere Darstellung sowie die gute Grafikfähigkeit erschließt sich für unsere Medien ein neues Format." Ergo: Es ist gut möglich, dass es iPad-Versionen von Bild und Co. geben wird, was technisch gesehen auch kein Problem darstellt - schon jetzt laufen die Programme auf dem Gerät, das in knapp zwei Monaten auch in Deutschland auf den Markt kommen wird.
Und so wird es wohl darauf hinauslaufen, dass die Verlage beginnen werden, wie schon beim iPhone eigene Anwendungen für das iPad zu schreiben und zu vermarkten. Ihr Format ist dabei völlig frei - das iPad bietet ebenso wie das iPhone diverse multimediale Möglichkeiten, ergänzt durch den nun sehr großen Bildschirm.
Das Hauptproblem dürfte dann in der Bewerbung liegen: Hätte Apple eigene Läden wie den "iBookstore" für digitale Magazine und digitale Zeitungen eingeführt, würden Nutzer die Produkte der Printverlage leichter finden. Hinzu kommt, dass Apple bislang über sein Abrechnungsmodell noch keine echten Abonnements zulässt. So muss man auf dem iPhone, will man die Bild-App länger als einen Monat verwenden, die Zahlung alle vier Wochen erneut akzeptieren.
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