Verlage auf Frankfurter Buchmesse: Keine Invasion von rechts
Auf der Buchmesse werden wieder fragwürdige rechte Verlage vertreten sein. Doch der Trubel, der darum gemacht wird, ist übertrieben.
Im Grunde ist jede Messe nur eine Bühne, auf der Waren feilgeboten werden. Das entsprechende Gut auf einer Buchmesse ist weniger das Buch, das auch, im ideellen Sinne aber vor allem ein Konzert vielfältigster Stimmen und Meinungen. Problematisch wird es immer dann, wenn schrille Dissonanzen sich in dieses Konzert mischen – Stimmen und Meinungen, denen an Vielfalt nicht unbedingt am Herzen liegt.
Alle Jahre wieder liegt denn auch bei der Frankfurter Buchmesse ein besonderes Augenmerk auf der Präsenz von Verlagen, die Waren überwiegend rechtsradikalen Inhalts im Portfolio führen – auch wenn sie selbst ihre Publikationen gerne mit dem Label „rechtskonservativ“ oder „rechtsintellektuell“ etikettieren. Mit der AfD im Bundestag und einem nun auch in Wahlergebnissen sich niederschlagenden Rechtsruck im Lande steigert sich in diesem Jahr die Aufregung zur Hysterie.
Vor einem „Schaulaufen der Rechten“ warnt die Frankfurter Rundschau, und das deutsche PEN-Zentrum fordert in einer öffentlichen Erklärung von der Buchmesse, eine Veranstaltung der rechtsextremen Stiftung „Europa Terra Nostra“ zu unterbinden. Es sei falsch verstandene Toleranz, solchen Organisationen, die sich dezidiert gegen den Pluralismus wendeten, auf der Buchmesse eine Bühne zu bieten.
Seitens der Veranstalter gibt es aber gar nichts zu unterbinden: „Es ist uns schlicht nicht bekannt, ob oder wo eine solche Veranstaltung stattfinden soll. Bei uns jedenfalls nicht“, erklärte Pressesprecherin Katja Böhne der taz. Nicht jede Party, die während der Messe irgendwo in Frankfurt abgehalten ist, sei eine Messeveranstaltung. Dennoch seien zwei Bücher, an denen unter anderen der britische Rechtsradikale Nick Griffin und Udo „NDP“ Voigt beteiligt waren, von der Rechtsabteilung des Börsenvereins auf eine mögliche Verfassungsfeindlichkeit geprüft worden – ohne Beanstandung, die einen „Ausschluss“ rechtfertigen würde. Buchmessen-Direktor Juergen Boos sagt: „Für uns ist das Grundgesetz der Maßstab. Alles, was über das Grundgesetz gedeckt ist, kann hier in Deutschland seine Meinung äußern.“
Messeleitung praktiziert einen „aktiven Umgang“
Ausgeschlossen wurde bisher nur 1989, und zwar der Iran im Zusammenhang mit der Fatwa gegen Salman Rushdie: „Damals wurden Verleger verfolgt und sogar umgebracht“, gibt Böhne zu bedenken. Zwar würden einzelne Titel inhaltlich geprüft, eine generelle Durchsicht sei angesichts der Fülle auf der weltweit größten Buchmesse „schon rein organisatorisch nicht zu bewältigen“.
Ohnehin scheint der Trubel um „die Rechten“ auf der Buchmesse ein wenig übertrieben. Weder lässt sich den Verantwortlichen etwas vorwerfen, noch kann man von einem rechtsradikalen Run auf die Messe sprechen. Im Gegenteil. Zwar existiert aus verständlichen Gründen bei der Buchmesse „keine Liste“ unerwünschter Teilnehmer. Dennoch wird intern darauf hingewiesen, dass es diesmal „vielleicht viereinhalb statt dreieinhalb“ dezidiert rechtslastige Verlage gebe – wobei das „halb“ auf die Grauzone verweist, in der manche Verleger operieren.
Anwesend ist die Junge Freiheit. Anwesend ist das Magazin Cato (Claim: „Ihre Arche für die Stürme von morgen“), das als Imprint im Manuscriptum-Verlag von Manufactum-Gründer Thomas Hoof erscheint, der auch den verurteilten Volksverhetzer Akif Piriçci verlegt. Wieder anwesend ist auch der „rechte Vordenker“ Götz Kubitschek mit seinem Verlag Antaios („Finis Germania“), auf 12 Quadratmetern und ohne sein Magazin Sezession. Das war’s auch schon. Bei knapp 7.150 Ausstellern aus aller Welt – darunter gewiss auch viel fragwürdiger Mist – ist das nicht gerade eine Invasion zu nennen.
Immerhin erwartet Antaios für einen Umtrunk neben Pirinçci auch den identitären Seebären Martin Sellner, dessen Flüchtlingsverhindungskutter „C-Star“ im Mittelmeer wiederholt Schiffbruch erlitten hat. Gegen derlei Prominenz setzt die Messeleitung einen „aktiven Umgang“ und platzierte schräg gegenüber vom Antaios-Stand kurzfristig die Amadeu-Antonio-Stiftung. Beide Seiten, so liest man, freuen sich schon sehr über den Austausch von Meinungen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen