: Verhungert oder erschossen?
■ Neue Erkenntnisse über das Schicksal italienischer Kriegsgefangener, die von den Nazis nach der italienischen Kapitulation 1943 in Polen interniert worden waren / Neuer Historikerstreit
Warschau (afp/dpa/taz) – Die polnischen Behörden haben am Montag bestätigt, daß ihnen Erkenntnisse vorliegen, denen zufolge in Polen zwischen Oktober 1943 und März 1944 22.000 italienische Kriegsgefangene durch die deutschen Besatzungstruppen ermordet wurden. Jacek Wiczur, Spezialist für das Schicksal der italienischen Gefangenen in der Zentralkommission zur Untersuchung der nationalsozialistischen Kriegsverbrechen in Polen, erklärte am Montag, die Kommission verfüge über Dokumente und andere Beweise, daß in der Nähe der Stadt Deblin rund 10.000 ita lienische Kriegsgefangene interniert gewesen seien. Insgesamt hätten sich zwischen September 1943 und Januar 1945 etwa 100.000 Italiener auf polnischem Gebiet befunden.
„Mehrere tausend sind von den Nazis ermordet worden und viele andere sind an Hunger, Kälte und fehlender medizinischer Versorgung gestorben“, sagte Wiczur. Die Italiener waren von ihren ehemaligen deutschen Verbündeten gefangen genommen worden, als die italienische Regierung unter Marschall Badoglio 1943 mit den Alliierten einen Waffenstillstand unterzeichnete und Hitler- Deutschland den Krieg erklärte.Die führenden Kriegshistoriker Revelli und Stern hatten bereits vor einem Jahr übereinstimmend erklärt, daß Erschießungen italienischer Soldaten vorgenommen wurden, wo ein Abtransport in die KZs nicht möglich war.
Ein Massaker an italienischen Soldaten mit Tausenden von Opfern hat es nach bisherigen Erkenntnissen „nicht gegeben“. Mit dieser Feststellung widersprach am Dienstag Fregattenkapitän Schreiber vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt Freiburg den Berichten. Allerdings seien viele an Hunger gestorben.
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