Verhandlungen vorm Gipfel: Israel will Siedlungsneubau einfrieren
Vor der Nahostkonferenz in den USA verkündet Israels Regierung auch eine Amnestie für knapp 450 palästinensische Gefangene. Die USA findet diese Schritte unzureichend.
![](https://taz.de/picture/408985/14/israelsiedlung_b.jpg)
Mit Gesten des guten Willens versucht die israelische Regierung, die Atmosphäre unter den Konfliktparteien eine Woche vor dem Nahostgipfel in Annapolis zu entspannen. Fast 450 palästinensische Häftlinge sollen noch vor Beginn des für nächsten Montag geplanten Treffens auf freien Fuß kommen. Außerdem kündigte der israelische Premierminister Ehud Olmert einen Baustopp für neue jüdische Siedlungen im Westjordanland sowie die Räumung der sogenannten Siedlervorposten an. Zuvor hatten die USA die geplanten Schritte von Olmert für unzureichend erklärt. Eine Einigung über eine israelisch-palästinensische Prinzipienerklärung, die Basis für neue Verhandlungen sein sollte, konnte bislang nicht erreicht werden.
Mit der Gefangenenamnestie kommt Olmert dem palästinensischen Premierminister Salam Fayyad entgegen, der Anfang November die Entlassung von 2.000 Häftlingen forderte. "Wir müssen nach den Jahren des Rückgangs die Signale der Hoffnung wiederaufleben lassen", appellierte Fayyad. Die überwiegende Mehrheit der Inhaftierten, die in den kommenden Tagen nach Hause zurückkehren, gehören zur Fatah von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas. Aktivisten der Hamas und des Islamischen Dschihad sind von der Amnestie ausgeschlossen.
Der vollständige Baustopp der jüdischen Siedlungen war eine der Bedingungen von Abbas im Vorfeld des Gipfels im amerikanischen Annapolis. Bereits vor vier Jahren hatte Olmerts Vorgänger, Expremierminister Ariel Scharon, Abbas einen Baustopp zugesichert, als die beiden Politiker im jordanischen Akaba die "Roadmap" unterzeichneten. Der internationale "Fahrplan" zum Frieden verpflichtet Israel schon in der ersten Phase zur Einstellung der Bauvorhaben in den Palästinensergebieten. "Wir haben versprochen, keine neuen Siedlungen zu bauen, also werden wir keine bauen", erinnerte Olmert am Montag vor dem Kabinett an die alten israelischen Verpflichtungen, an die sich auch seine eigene Regierung nie gehalten hat.
Die Palästinenser hatten Israel stets vorgeworfen, mit dem Bau der Siedlungen den Friedensprozess zu unterminieren. Seit Unterzeichnung der ersten Prinzipienerklärung im September 1993 in Oslo hat sich die Zahl der in den Palästinensergebieten lebenden Juden mehr als verdoppelt. Vor allem im Raum Jerusalem wurden mit den zwischen die arabischen Ortschaften verteilten jüdischen Ansiedlungen Tatsachen geschaffen, die eine Teilung der Stadt in eine jüdische und eine arabische Hauptstadt inzwischen praktisch unmöglich machen.
Trotz der jüngsten Gesten sind die Fronten unverändert verhärtet. Der palästinensische Expremierminister Ahmed Kurai, der im Auftrag der Palästinenser die Gespräche in Annapolis leiten soll, erklärte gestern, dass er weitere Treffen mit der israelischen Außenministerin Zippi Livni für überflüssig halte, da man ohnehin keinen Fortschritt erreiche. Livni ist die von Olmert eingesetzte Verhandlungschefin.
Olmert und Abbas trafen gestern Nachmittag zum letzten Versuch zusammen, die Differenzen zu überbrücken. Dazu gehört die palästinensische Forderung eines klaren Zeitplans für den Friedensprozess sowie das Festhalten an der arabischen Friedensinitiative aus dem Jahr 2002 als künftige Richtlinie. Umgekehrt beharrt die Regierung in Jerusalem darauf, in dem gemeinsamen Dokument Israel als jüdischen Staat zu definieren.
Einig sind sich beide Seiten lediglich in ihrem Streben nach möglichst breiter Beteiligung an dem Treffen in Annapolis. Olmert trifft am heutigen Dienstag mit dem ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak zusammen. Israel hofft auf den Einfluss Ägyptens, um Saudi-Arabien und Syrien von der Teilnahme an dem Gipfel zu überzeugen. Eine umfassende arabische Beteiligung würde nicht zuletzt PLO-Chef Abbas innenpolitisch den Rücken stärken.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Denkwürdige Sicherheitskonferenz
Europa braucht jetzt Alternativen zu den USA
„Edgy sein“ im Wahlkampf
Wenn eine Wahl als Tanz am Abgrund verkauft wird
Überraschung bei U18-Wahl
Die Linke ist stärkste Kraft
RTL Quadrell
Klimakrise? War da was?
Absturz der Kryptowährung $LIBRA
Argentiniens Präsident Milei lässt Kryptowährung crashen
Ukraine-Verhandlungen in Saudi-Arabien
Wege und Irrwege aus München