Verhandlung über Finanztransaktionssteuer: „Wir haben einen Durchbruch“
Vertreter von Koalition und Opposition haben sich auf eine mögliche Steuer auf Finanzgeschäfte geeinigt. Kommende Woche wird eine Spitzenrunde der Parteien endgültig entscheiden.
BERLIN rtr/dpa | Die Chancen für eine pünktliche Verabschiedung des EU-Fiskalpakts und des Vertrags über den permanenten Euro-Rettungsschirm ESM in Deutschland steigen: Eine Arbeitsgruppe aus Vertretern von Koalition und Opposition einigte sich nach Angaben von Teilnehmern am Donnerstag auf eine gemeinsame Basis für die Einführung einer Steuer auf Finanzgeschäfte in Europa.
„Wir haben einen Durchbruch erreicht“, sagte der Vize-Chef der FDP-Fraktion, Volker Wissing. Sein SPD-Kollege Joachim Poß sagte nach der Sitzung, bleibe es bei dem Verhandlungsergebnis der Experten, wäre das „ein ganz, ganz wichtiger Schritt hin zu einer Finanztransaktionssteuer“.
Die Arbeitsgruppe leistet einen Teil der Vorarbeiten für eine Spitzenrunde der Partei- und Fraktionschefs am Montag im Bundeskanzleramt. Endgültige Beschlüsse fallen in dieser politischen Spitzenrunde. Eine Zustimmung der Opposition zum Fiskalvertrag ist für seine Ratifizierung unerlässlich. Damit verknüpft ist auch die Abstimmung über den ESM-Vertrag. Der Rettungsfonds soll schon am 1. Juli seine Arbeit aufnehmen.
Grundlage für den angestrebten Kompromiss bei einer Finanzsteuer ist ein Papier des Bundesfinanzministeriums. Danach wird eine Steuer in „möglichst vielen“ EU-Staaten angestrebt, falls eine Lösung für alle EU- oder Euro-Länder scheitern sollte.
Steuer satz zwischen 0,1 und 0,01 Prozent
Eine Besteuerung sollte möglichst alle Finanzinstrumente umfassen und mit einer breiten Bemessungsgrundlage bei einem niedrigen Steuersatz verwirklicht werden, heißt es in dem Schreiben weiter. Der Steuersatz sollte sich zwischen 0,1 und 0,01 Prozent bewegen. Hierdurch werde die Belastung der einzelnen Finanztransaktionen gering gehalten.
„Durch die Ausgestaltung der Steuer sind Ausweichreaktionen zu vermeiden.“ Auch müssten die Auswirkungen auf Instrumente der Altersversorgung oder Kleinanleger bewertet und negative Folgen ausgeschlossen werden. Möglich seien Steuerbefreiungen bestimmter Finanzgeschäfte oder Freigrenzen. Zugleich sollten „unerwünschte Formen von Finanzgeschäften“ zurückgedrängt werden.
Die Bundesregierung unterstützt dem Papier zufolge zwar weiter den Vorschlag der EU-Kommission zur Einführung einer Finanztransaktionssteuer in der gesamten EU. Eine Einigung ist aber unwahrscheinlich. Widerstand kommt unter anderem aus Großbritannien und Schweden. Aber selbst in der Euro-Gruppe gibt es Differenzen.
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