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Verhaftungen nach Anschlag in Südafrika

35 Tote und über 50 Verletzte bei Angriff auf Trauergemeinde/ Sebokeng zum Unruhegebiet erklärt  ■ Von Hans Brandt

Johannesburg (taz) — In Verbindung mit einem Angriff auf eine Trauergemeinde in Sebokeng, einem Wohngebiet für Schwarze südlich von Johannesburg, hat die südafrikanische Polizei gestern zehn Menschen verhaftet und mehrere automatische Gewehre beschlagnahmt. Unbekannte hatten am Samstag in den frühen Morgenstunden mit automatischen Gewehren das Feuer auf etwa 300 Menschen eröffnet, die eine Totenwache für ein ermordetes Mitglied des Afrikanischen Nationalkongresses (ANC) abhielten. Bei diesem schwersten Angriff seit Beginn blutiger politischer Kämpfe im Juli vergangenen Jahres waren 35 Menschen getötet und mehr als 50 zum Teil schwer verletzt worden.

Adriaan Vlok, der Minister für Recht und Ordnung erklärte Sebokeng am Sonntag zum Unruhegebiet, um der Polizei zusätzliche Vollmachten zur Kontrolle von Gewaltausbrüchen zu geben. Vlok verhängte sofort eine nächtliche Ausgangssperre in dem Wohngebiet. Schon seit Samstag patroullieren Hunderte von Soldaten einer Eliteeinheit Sebokeng, nachdem wütende ANC-Jugendliche in Racheangriffen fünf Häuser angezündet und mindestens zwei Frauen ermordet hatten.

Der ANC hatte der Polizei am Samstag vorgeworfen, die Mitverantwortung für den Angriff zu tragen. ANC-Sprecherin Gill Marcus sagte, daß der ANC die Einwohner von Sebokeng vor einem möglichen Angriff gewarnt habe. „Die Polizei muß erklären, wie es zu einem solchen Angriff kommen konnte“, sagte ein ANC-Vertreter in Sebokeng. Der ANC warf der Polizei vor, keine Polizisten zum Schutz der Menschen bei der Totenwache eingesetzt zu haben. Ein Polizeisprecher sagte jedoch, daß eine Polizeieinheit zu der Totenwache gekommen sei, aber von ANC-Unterstützern fortgeschickt worden sei.

ANC-Vizepräsident Nelson Mandela und der interne Führer der Organisation, Walter Sisulu, waren am Sonntag in Sebokeng, um sich vor Ort über die Vorfälle vom Wochenende zu informieren. Sebokeng war in den letzten Monaten einer der Brennpunkte der schweren Kämpfe zwischen ANC-Anhängern und Mitgliedern der konservativen Zulupartei Inkatha, die seit Juli etwa 1.000 Menschenleben gefordert haben. Augenzeugen des jüngsten Angriffes behaupten jedoch, daß Mitglieder einer örtlichen Gangsterbande die Morde verübt hätten. Der ANC- Jugendliche, für den die Totenwache gehalten wurde, Christoffel Nangalembe, war angeblich von den Gangstern entführt und ermordet worden, nachdem ANC-Jugendgruppen versucht hatten, der Bande das Handwerk zu legen.

Ein ehemaliges Mitglied der Bande behauptete am Wochenende jedoch, daß Inkatha von dem Konflikt der Gangster mit den ANC- Jugendlichen gehört und Hilfe angeboten habe, um mit den ANC-Jugendlichen „fertig zu werden“. Ein Sprecher von Inkatha nannte diese Vorwürfe „alarmierend“.

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