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Vergiftet -betr.: "Dioxin in der Muttermilch", taz vom 23.6.88, S.5

betr.: „Dioxin in der Muttermilch“, taz vom 23.6.88, Seite

Obwohl die Muttermilch seit Jahren und mit steigender Tendenz derart vergiftet ist, daß sie als Kuhmilch nicht verkauft werden dürfte, sind sich „Fachleute“ erstaunlicherweise nach wie vor darüber einig, daß der beängstigende Gehalt an DDT (krebserregend und schädlich für das zentrale Nervensystem), HCB (verantwortlich für Leberschwellungen und ernste Stoffwechselstörungen), Lindan (krebserregend und gefährlich für Leber, Hoden, Nieren und Immunsystem) PCB (krebserregend und schädlich für Leber, Niere, Milz, Lymphsystem und Abwehrkräfte) und den ebenfalls hochgefährlichen Schwermetallen und Dioxin-Furan -Verbindungen die Gesundheit der Säuglinge nicht beeinträchtigt. Dem um ein Vielfaches empfindlicheren Baby soll also weiterhin drei bis vier Monate lang täglich eine Giftmenge zugemutet werden, die erheblich über dem liegt, was für Erwachsene für vertretbar gehalten wird.

Muß wirklich erst der erste Säugling tot von der Mutterbrust sinken, bis wir uns die naheliegende Frage stellen, ob die für die Entwicklung immens wichtigen Immoglobuline gegen das zunehmende Schadstoffkonzentrat in der Muttermilch überhaupt noch eine Chance haben? Durch die vom Sachverständigenrat für Umweltfragen unlängst bestätigte, enorme Zunahme toxischer Substanzen in der Nahrungskette ist weder auszuschließen, daß die Bildung der mütterlichen Abwehrstoffe mehr und mehr in Mitleidenschaft gezogen wird, noch, daß schon im Ungeborenen die Ursachen für irreversible umweltgiftbedingte Spätschäden angelegt sein könnten. Immerhin ist Krebs inzwischen die zweithäufigste Todesursache bei Kindern und es ist außerdem bekannt, daß Allergien, Immunschwächen, Infektionen und Verhaltensstörungen im Kleinkindalter zunehmen.

Geht der konsumbesessene Allmachtswahn wirklich so weit, daß wir diesen in der Menschheitsgeschichte einmaligen Selbstvergiftungsvorgang weiterhin verdrängen? Wie werden unsere Kinder einmal über eine Erwachsenengeneration urteilen, die nicht einmal ernsthaft versucht hat, sich zum Beispiel gegen eine Schadstoffgrenzwertverordnung zur Wehr zu setzen, die zwar ihr eigenes Wohl berücksichtigt, aber die gesundheitlichen (Langzeit-)Auswirkungen für Kinder als hinnehmbares „Restrisiko“ akzeptiert? (...)

C. Fiver, Berlin

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