: Vergewaltigungsversuch am helligten Tag
■ Eppendorferin in ihrer Wohnung von einem Sexualstraftäter überfallen / Der Mann hatte sein Opfer genau ausgespäht
von einem Sexualstraftäter überfallen / Der Mann hatte sein Opfer genau ausgespäht
„Überfallartige Vergewaltigungen“ — der nächtliche Angriff im Park — machen nach Angaben der Fachdienststelle für Sexualdelikte beim Hamburger Landeskriminalamt (LKA 213) nur „ein Drittel“ der Sexualstraftaten aus. Das Gros der Frauen werden von ihren Vergewaltigern akribisch genau ausgespäht. Erfahrungen, wie skupellos manche Männer vorgehen, mußte Mittwoch Sonja Meier* machen.
Die Hamburgerin war gegen 14 Uhr für ihre Wohngemeinschaft am Eppendorfer Marktplatz einkaufen. Kurz nach ihrer Rückkehr klingelt es an der Haustür. Mitbewohner Ulrich Karl* öffnet die Tür. Ein Mann fragt — ein wenig überrascht, Ulrich Karl anzutreffen — nach einer Person, die angeblich im Haus wohnen soll. Da ihm dieser Name unbekannt ist, zieht der Mann unverrichteter Dinge wieder ab. Wenig später verläßt Ulrich Karl die Wohnung. Vor der Haustür sieht er zwar den Mann erneut, der sich daraufhin wegdreht, doch Ulrich Karl ahnt nichts Böses.
Wenig später schellt es wieder bei Sonja Meier. Abermals steht der Suchende vor der Tür und fragt nach dem angeblichen Hausbewohner. Die Eppendorferin ist verärgert. Der Mann entschuldigt sich höflich, fragt besorgt, ob er vielleicht einen Mitbewohner „geweckt“ habe, was Sonja Meier verneint. Jetzt weiß der Mann Bescheid, nachdem Ulrich Karl das Haus verlassen hat, ist sein ausgegucktes Opfer allein.
Der Mann verabschiedet sich zunächst, läutet aber wenig später ein drittes Mal. Wütend öffnet Sonja Meier die Tür. Der Mann teilt mit, daß er die Suche aufgibt, bedankt sich für die Hilfe, und fragt dann ein wenig verschämt, ob er vielleicht mal auf Toilette dürfe.
Sonja Meier läßt sich breit schlagen, läßt den Mann in die Wohnung, der wenig später über sie herfällt, Sonja Meier kann sich jedoch erfolgreich zur Wehr setzen. Als bei der Rangelei die Scheibe der Haustür zerbricht, flüchtet der Angreifer. Sonja Meier hat nochmal Glück im Unglück.
Ein Blick in die LKA-213-Bilder- Kartei bringt keine Aufklärung, Sonja Meier entdeckt den Sexualstraftäter nicht, sie erinnert sich nur, daß er sie schon beim Einkauf auf der Straße beobachtet hat und ihr bis zur Wohnungstür gefolgt sein muß. Dem LKA 213 ist eine derartige Vorgehensweise von Vergewaltigern zwar nicht unbekannt, dennoch liegen dem LKA keinerlei Erkenntnisse darüber vor, daß ein Sexulstraftäter gezielt in Eppendorf sein Unwesen treibt. LKA 213-Chef Günther Kröger: „Wir haben in dieser Region in der letzten Zeit gar keine Vorfälle gehabt. Es handelt sich offenbar um eine Gelegenheitstat.“
Trotzdem schlägt Sonja Meier Alarm: „Ich war schon überrascht, wie berechnend der Typ vorgegangen ist. Ich möchte verhindern, daß Frauen auf diese Masche hereinfallen.“ Kai von Appen
*Namen geändert
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