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Verfassungszynismus

betr.: „Multikulti’ye güle güle“, taz vom 31. 10. 00

Mit der Absage an den Begriff „Multikulti“ und der Anbiederung an die Leitkultur-Diskussion der CDU zeigen uns die Grünen, was Integration wirklich bedeutet, wenn an deren Ende idealerweise die Assimilation stehen soll. Irgendwann werden sich die Grünen so sehr angepasst haben, dass sie überflüssig werden: assimiliert in die Leitkultur der großen Volksparteien. Herzlichen Glückwunsch! MILENA ROBBERS, Hamburg

Eigentlich ist „Verfassungspatriotismus“ ein ungefähr so inhaltsleeres Wort wie das des Straßenverkehrsordungspatriotismus (in Anlehnung an D. Cohn-Bendit). Leider ist das nur die halbe Wahrheit.

Denn die Verwendung dieses Begriffs hat eine schaurige Implikation: Der Vermutung nach sind vorerst alle (potentielle und tatsächliche) Immigranten Verfassungsfeinde.

Diese Unterstellung spricht allerdings einem anderen Sachverhalt Hohn: Eine Verfassung ist ein Gesetzeswerk, das als solches so etwas wie Rechte und Pflichten regeln soll. Und das unter einem Prinzip von Gerechtigkeit. Dabei werden aber in der Praxis Immigranten mehr Pflichten und weniger Rechte als Einheimischen zuerkannt.

Vor diesem Hintergrund ist das sinnleere Wort „Verfassungpatriotismus“ also eher als Verfassungszynismus zu verstehen.

ROBERT HAGEN, Berlin

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