piwik no script img

Verfassungsurteil in Schleswig-HolsteinRichter verordnen Neuwahlen

Bis Herbst 2012 muss der Landtag Schleswig-Holsteins neu gewählt werden, entschied das Landesverfassungsgericht. Damit gab es einer Oppositionsklage statt.

Der Landtag in Kiel: In kaum einem bundesdeutschen Landesparlament haben sich schon so viele Politikdramen abgespielt wie dort. Ein weiteres Kapitel wird 2012 folgen. Bild: dpa

SCHLESWIG apn | Schleswig-Holstein steht nur ein Jahr nach der letzten Landtagswahl vor Neuwahlen: Das Landesverfassungsgericht erklärte am Montag Teile des Landtagswahlrechts für verfassungswidrig und ordnete an, dass das Kieler Parlament bis Ende September 2012 neu gewählt werden muss. Der reguläre Wahltermin wäre erst 2014 gewesen. Ein neues Wahlrecht muss bereits bis Mai 2011 verabschiedet werden, wie das Gericht festlegte. Das Landesverfassungsgericht kritisierte vor allem, der Grundsatz der Wahlgleichheit sei bei der Wahl 2009 verletzt worden.

Bei der Wahl am 27. September 2009 hatten CDU und FDP eine Mehrheit der Mandate im Landtag erhalten, obwohl sie weniger Stimmen als die anderen im Parlament vertretenen Parteien SPD, Grüne, Linke und Südschleswigsche Wählerverbund (SSW) bekamen. Grüne, Linke und SSW fochten deshalb das Wahlergebnis an. Sie sind der Ansicht, dass durch die Verteilung der Überhangmandate der Wählerwille verzerrt worden sei.

Hauptkritikpunkt sind drei Überhangmandate der CDU, für welche die anderen Parteien keinen Ausgleich erhalten haben. Ohne diese Mandate hätten CDU und FDP keine Mehrheit im Landtag. Zurzeit haben sie einen Sitz mehr als die Opposition.

Das Gericht teilte im Wesentlichen diese Kritik. "Bei einem vollen Ausgleich der Überhangmandate wäre es zu anderen Mehrheiten im Landtag gekommen", heißt es in einer Zusammenfassung der Urteilsbegründung.

Die amtierende CDU/FDP-Regierung unter Ministerpräsident Peter Harry Carstensen in Kiel ist allerdings durch das Urteil bis zu den Neuwahlen nicht akut gefährdet: "Bis zu diesem Zeitpunkt behält der Landtag seine volle Handlungs- und Arbeitsfähigkeit", erklärte das Verfassungsgericht. Damit kann der CDU-Politiker Carstensen Ministerpräsident bleiben. Offen ist allerdings, ob der 63 Jahre alte Regierungschef bei der Neuwahl 2012 noch einmal antritt. Als Kronprinz gilt der junge CDU-Fraktionschef Christian von Boetticher.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • RG
    Reflektion gibt Einsicht

    Bevor es hier wieder zu polemischen Bemerkungen kommt: Dieses seltsame Wahlgesetz findet seinen Ursprung in der vorherigen Rot-Grünen Regierung.

  • G
    greka

    Es ist ein Angebot des politischen Anstands, dass Herr Carstensen (CDU), nachdem man ihn beim Betrügen gerichtlich erwischt hat, von seinem politischen Amt zurücktritt. Tschüß PHC, wir brauchen integre Politiker!

  • G
    Gerhard

    Es wäre demokratischer, wenn alle Abgeordneten direkt vom Volk gewählt würden und nicht über Listenplätze der Parteien in den Landtag einziehen. Ausserdem sollte die Anzahl der »auf Diät gesetzten« Abgeordneten mindestens halbiert werden. Das Land könnte viele Millionen sparen, die in Bildung und Kultur besser investiert wären. Ein Rücktritt der nicht gewählten CDU/FDP-Regierung (das war eine »Machtergreifung«) ist überfällig, damit schnellstmöglich der verfassungswidrige Zustand beendet werden kann! Aufgrund des Urteils kann in S-H ansonsten kaum noch etwas entschieden werden.