: Verfassungsschutz will in die DDR
■ Das Kölner Bundesamt für Verfassungsschutz will in den DDR-Ländern neue VS-Landesämter gründen / Angestrebt ist ein „Amt für innere Sicherheit“
Berlin (taz) - Der Drang der bundesdeutschen Verfassungsschützer in die DDR ist ungebrochen. Auf einer Klausurtagung vor mehr als einem Monat legte die Kölner VS -Spitze ihren Willen schriftlich nieder, in den noch zu gründenden DDR-Länder sogleich „Landesbehörden für Verfassungsschutz“ zu installieren. Das Kölner Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) soll dann im Prozeß der Vereinigung der beiden deutschen Staaten einem „Amt für innere Sicherheit“ weichen.
Mitarbeiter des früheren Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) dürfen bei der Errichtung der fünf weiteren Landesämter aber nicht übernommen werden, beschlossen die Geheimdienstler. „Aus politischen und psychologischen Gründen“ dürfe der Aufbau dieser Ämter nicht durch die Übernahme von ehemaligen Stasi-Leuten belastet werden. Die neuen Institutionen würden sonst „von vornherein bei der Bevölkerung auf breite Ablehnung stoßen“, wie das Hamburger Nachrichtenmagazin 'Der Spiegel‘ in seiner heutigen Ausgabe ganz richtig schreibt. Die Verfassungsschützer rechnen schon jetzt mit Personalproblemen. Der Bedarf an Mitarbeitern soll daher sowohl aus der DDR-Bevölkerung („auch ohne fachliche Qualifikation“) und der Stammtruppe der bundesdeutschen Lauschbehörden gedeckt werden. Für den Wechsel in ein Landesamt auf heutigem DDR-Territorium böten sich beispielsweise die Mitarbeiter an, die bislang die Telefone der ständigen Vertretung der DDR in Bonn überwachten. Deren Lauschangriffe werden schließlich hinfällig.
Zu den konkreten Ausführungen der Kölner VS-Spitze hat sich im politischen Raum noch keiner geäußert. Die Absichtserklärungen, den Geltungsbereich des VS mit der Vereinigung der beiden deutschen Staaten an die Oder und Neisse vorzutreiben, sind allerdings nicht neu. Ebensowenig wie die erklärte Absicht aus dem Bonner Innenministerium, die PDS als verfassungsfeindliche Kraft durch den VS überwachen zu lassen.
wg
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