Verfassungsgerichtshof NRW entscheidet: Nachtragshaushalt gekippt
Der Nachtragshaushalt der rot-grünen Regierung in NRW ist nichtig. Das entschied der Verfassungsgerichtshof in Münster und gab einer Klage der Opposition statt. Die spricht von einem Glücksfall.
MÜNSTER dpa/dapd | Die rot-grüne Landesregierung in Nordrhein-Westfalen hat im Verfassungsstreit um den Nachtragshaushalt für 2010 eine Niederlage erlitten. Der Verfassungsgerichtshof des Landes in Münster erklärte den Haushalt am Dienstag für verfassungswidrig. Damit gab das Gericht einer Klage der Landtagsfraktionen von CDU und FDP statt.
SPD und Grüne hatten mit der Unterstützung der Linken im Landtag durch den Nachtragshaushalt die Neuverschuldung um rund 2,8 Milliarden Euro erhöht. Das Gericht beanstandete jedoch, dass der Gesetzgeber keine plausible Erklärung geliefert habe, warum diese zusätzlichen Schulden "zur Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts" nötig sei. Nur unter dieser Bedingung wäre die weitere Schuldenaufnahme erlaubt gewesen.
Der nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) kündigte nach der Urteilsverkündung an, die Landesregierung werde jetzt prüfen, ob die Entscheidung der Richter Auswirkungen auf den Haushalt für das laufende Jahr haben werde. Dieser soll im Mai verabschiedet werden. Bisher geht die Landesregierung von einer Forsetzung des wirtschaftlichen Ungleichgewichts, das eine erhöhte Neuverschuldung auch 2011 erlaube. Der CDU-Landesvorsitzende, Bundesumweltminister Norbert Röttgen, verlangte umgehend einen verfassungskonformen Haushalt für dieses Jahr.
Der Fraktionschef der CDU im Düsseldorfer Landtag, Karl-Josef Laumann, nannte das Urteil einen "Glücksfall für das Land NRW". Ob die CDU jetzt Neuwahlen beantragen werde, hänge von der Reaktion der Landesregierung auf das Urteil ab. Der Vorsitzende der FDP im Landtag, Gerhard Papke, forderte Ministerpräsidentin Kraft auf, "ihren Marsch in den Verschuldungsstaat zu stoppen".
Das Urteil vom Dienstag dürfte die Debatte über Neuwahlen im bevölkerungsreichsten Bundesland neu anheizen. SPD und CDU hatten sich vor der Entscheidung des Verfassungsgerichts gegenseitig mit der Auflösung des Landtags gedroht. Die CDU brachte bereits den 17. Juli als Termin für Neuwahlen ins Spiel. Das Landesparlament kann sich jederzeit mit absoluter Mehrheit auflösen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei