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Vereint gegen Scientologen

■ Konzertierte Aktion der wohnungswirtschaftlichen Verbände geht gegen die Spekulanten der Sekte in die Offensive Von Max Reh

Kaum zu glauben: Hamburgs MieterInnenvereine und Maklerverbände, Grundeigentümer und Wohnungsunternehmen ziehen an einem Strang. Grund für die ungewöhnliche große Koalition: Die „rüden Machenschaften der Scientologen“ auf dem Hamburger Wohnungsmarkt.

Da Mieter unter Druck gesetzt, Käufer geprellt und der ohnehin angekratzte Ruf der Maklergilde durch die Praktiken von Sektenmitgliedern vollends ramponiert zu werden droht, gehen die Verbände gemeinsam in die Offensive. Motto der von allen Hamburger Wohnungsverbänden getragenen konzertierten Aktion: „Scientology-Firmen auf dem Wohnungsmarkt – nein danke!

Ziel der Aktion: „Die Methoden und Tricks“ der Krake Scientology sollen offengelegt werden, „vor Geschäftsabschlüssen mit Immobilienfirmen dieser Organisation“ wird gewarnt. Allein in Hamburg würden „nach Erhebung von Fachleuten inzwischen mehr als 50 Prozent aller Angebote im Bereich der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen von Scientology-Firmen und deren Mitarbeitern“ stammen. „Etwa 85 Prozent aller von Scientology-Deutschland in die USA (zur Mutterorganisation) transferierten Gelder“ werden nach Informationen der konzertierten Aktion mit Immobiliendeals erwirtschaftet.

Mit „Strafanzeigen wegen Betrug, Hausfriedensbruch, Sachbeschädigung und Nötigung“, so Willi Lehmpfuhl vom Mieterverein zu Hamburg, würden sich die MieterInnen inzwischen gegen die Praktiken der Umwandlungsspezialisten im Dunstkreis der Sekte wehren. Meist würden die BewohnerInnen der betroffenen Spekulationsobjekte „mit regelrechtem Psychoterror“ zum Auszug oder zum Kauf ihrer Wohnung bewegt, am Telefon unter Druck gesetzt und persönlich bedrängt.

Heinrich Stüven vom Grundeigentümerverband: „Da den Wohnungs-Käufern von den Scientologen oft der immense Renovie-rungsbedarf verschwiegen“ wird, müßten sich diese oft „über beide Ohren verschulden“. Am Ende des Traums von den eigenen vier Wänden stehe „oft der finanzielle Ruin“.

Die konzertierte Aktion empfiehlt den betroffenen MieterInnen, nicht in Panik zu verfallen. Ganz wichtig: Die „EntmietungsberaterInnen“ der Umwandlungsfirmen sollten nicht in die Wohnung gelassen werden. Vor allem aber sollten die BewohnerInnen eines Umwandlungshauses nichts unterschreiben, ohne sich vorher umfassend von den Hamburger MieterInnenvereinen beraten zu lassen. Doch auch WohnungskäuferInnen und -verkäuferInnen sollten keinesfalls „Geschäfte mit Scientologen machen“.

Hamburgs Printmedien und die Banken wurden von den Woh-nungsverbänden aufgefordert, endlich zu handeln: Die Kreditinstitute sollten keine Darlehen mehr an die von Sektenmitgliedern geführten Unternehmen geben, Zeitungen keine Immobilienanzeigen aus dem Dunstkreis der Sekte mehr drucken. Zumindest aber, so Peter Landmann vom Ring Deutscher Makler, sollte neben den Immobilienannoncen die „Giftliste“ der Umwandlungsspekulanten (siehe links) veröffentlicht werden.

Für einen wäre das ganz schlimm: Götz Brase, bekennender Scientologe und graue Eminenz der „Umwandlungsmafia“ im Dunstkreis der Sekte. Brase kann in der konzertierten Aktion nur eine „Hetzjagd gegen unsere Religion erkennen“. Befragt zu den rüden Methoden der Sekten-Mitglieder gegenüber MieterInnen bekennt Brase jedoch: „Auch Scientologen sind keine Engel“.

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