Vereinheitlichungspläne der EU-Kommission: Zypries bremst besseres Asylrecht
Die EU-Kommission will das Asylrecht weiter harmonisieren - "auf höchstem Niveau", wie sie bei einer Tagung in Berlin betonte. Die deutsche Regierung aber bremst.
Die Zahlen sind deutlich. In Finland erhalten 95 Prozent der irakischen Flüchtlinge Asyl, in Deutschland 65 Prozent - und in Griechenland nur 2 Prozent. Aus geografischen Gründen kommen aber viele Iraker über Griechenland in die EU - Pech gehabt. Doch die EU-Kommission will jetzt gegensteuern und das EU-Asylrecht weiter vereinheitlichen. "Solche Unterschiede können wir nicht akzeptieren", erklärte die Asylexpertin der EU-Kommission, Angela Martini, gestern in Berlin beim 8. Symposium von amnesty international zum Flüchtlingsschutz.
Ein gemeinsames Asylsystem ist schon seit dem EU-Gipfel in Tampere 1999 das erklärte Ziel der EU. Bis 2004 gelang es auch, in allen wichtigen Fragen Mindestandards zu setzen. So gibt es Richtlinien zu den sozialen Ansprüchen von Asylbewerbern, zum Asylverfahren und - als Herzstück - die Qualifikationsrichtlinie, die festlegt, wer unter welchen Bedingungen Schutz bekommt.
Jetzt läutet die EU-Kommission die "zweite Phase" der Harmonisieurng ein. "Unser Ziel ist, dass die höchsten Schutzstandards künftig in ganz Europa gelten", betont Angela Martini. Ab Herbst will die Kommission mehrere Vorschläge vorlegen, die bis 2010 beschlossen sein sollen. In der zweiten Phase der Asyl-Harmonisierung kann nun endlich auch mit Mehrheit abgestimmt werden. Das erleichtert, so hofft die Kommission, fortschrittliche Lösungen.
Judith Kumin vom UN-Flüchtlingshilfswerk unterstützte die Pläne der Kommission. "Ich wäre sehr froh, wenn alle Klauseln gestrichen würden, bei denen die angeblichen Mindeststandards doch unterschritten werden dürfen." Vor allem bei Eilverfahren seien verkürzte Fristen und der Ausschluss von Rechtsmitteln möglich, kritisierte die UN-Vertreterin.
Dagegen dämpfte Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) gestern die Erwartungen der Kommission. Die Pläne für neue Richtlinien seien "zu ambitioniert". Es nütze nichts, die Harmonisierung auf dem Papier immer weiter voranzutreiben, wenn die Regeln in der Praxis nicht umgesetzt werden. Die Kommission, so forderte Zypries, solle erst einmal dafür sorgen, dass die bereits beschlossenen Mindeststandards überall eingehalten werden.
Vermutlich hatte Zypries Staaten wie Griechenland im Blick, wo im letzten Jahr 20.000 Asylanträge gestellt wurden, aber nur 1.000 Plätze in Aufnahmelagern bestehen. Die meisten Asylbewerber schlafen in Kirchen oder auf der Straße.
Doch auch Deutschland hält nicht alle Mindeststandards ein. Darauf wies gestern der Wiesbadener Sozialrichter Frank Schreiber hin. "In Deutschland ist nicht sichergestellt, dass traumatisierte Flüchtlinge identifiziert und besonders geschützt werden", sagte Schreiber zur taz. Das habe die EU-Kommission im November vergangenen Jahres kritisiert, als sie die Umsetzung der Aufnahmerichtlinie evaluiert hat.
Neben neuen Richtlinien plant die Kommission auch die Einrichtung eines Europäischen Asyl-Unterstützungsbüros. Dort sollen Richter fortgebildet und Informationen über die Herkunftsländer zentral gesammelt werden.
"Alle Diskussionen über ein besseres EU-Asylrecht sind aber akademisch", kritisierte Katrin Hatzinger vom Brüsseler Büro der evangelischen Kirche, "solange schutzbedürftige Flüchtlinge gezielt daran gehindert werden, überhaupt nach Europa zu kommen."
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