Vereinbarung von Union und SPD: Hebammen soll geholfen werden
Seit 2008 hat jede vierte Hebamme ihren Beruf aufgegeben, weil die Versicherungskosten gestiegen sind. Jetzt sollen sie stärker unterstützt werden.
BERLIN epd | Die Sicherung des Hebammenberufs in Deutschland soll in den Koalitionsvertrag von Union und SPD aufgenommen werden. Wie am Donnerstag aus Fraktionskreisen bestätigt wurde, verpflichten sich Union und SPD, die Situation der Geburtshilfe „und der Hebammen im Speziellen“ zu beobachten und für eine „angemessene Vergütung“ zu sorgen. Die Vereinbarung muss von der großen Koalitionsrunde noch bestätigt werden.
Dass die Sicherstellung einer flächendeckenden Versorgung mit Geburtshilfe in den Koalitionsvertrag aufgenommen werden soll, sei einer Internet-Kampagne der Schweriner Schriftstellerin Anke Bastrop zu verdanken, erklärte die Plattform Change.org. Der Passus sei erst am Mittwochnachmittag in den Text für die Koalitionsvereinbarung aufgenommen worden, nachdem Tausende Unterstützerinnen und Unterstützer sich in sozialen Netzwerken für die Hebammen eingesetzt hätten, sagte Change.org-Sprecherin Jeannette Gusko. Bis Donnerstagmittag hatten sich mehr als 120.000 Menschen an der elektronischen Unterschriftensammlung beteiligt.
Erst vor Kurzen war bekanntgeworden, dass zum kommenden Jahr die Haftpflichtprämien für Hebammen erneut um mehr als 20 Prozent auf über 5.000 Euro pro Jahr steigen sollen. Die Kosten für die Pflichtversicherung haben nach Angaben des Deutschen Hebammenverbands seit 2008 jede vierte Hebamme gezwungen, die Geburtshilfe aufzugeben.
Eine Hebamme verdient für die Betreuung einer Geburt im Krankenhaus 273 Euro, zur Nachtzeit erhöht sich die Vergütung auf 327 Euro. Hausgeburten und Geburten in Geburtshäusern werden mit 550 bis 695 Euro bezahlt. Für einen Wochenbettbesuch bekommt eine Hebamme 31 Euro.
Leser*innenkommentare
Elisa
Gast
Es geht nicht nur um Hebammen die knapp 2% Hausgeburten betreuen, sondern auch um Hebammen die als Beleghebammen ( freiberufliche Hebammen )in Kiniken immerhin 25 % aller Geburten in Deutschland begleiteten, davon viele in Kliniken mit ca. 500 Geburten im Jahr. Bei den im Artikel genannten Gebühren handelt es sich um den Bruttolohn pro Geburt. Davon muss die Hebamme sowohl ihre Krankenversicherung und Altersvorsorge als auch die Haftpflicht bezahlen.
Gerade in den Abteilungen mit geringer Geburtenzahl wurden und werden die Hebammen aus dem Angestelltenverhältnis in die Freiberuflichkeit entlassen, damit die Träger des Krankenhauses entsprechend Personalkosten einsparen. So mag zwar für den Träger Geburtshilfe rentabel sein, leider nur nicht mehr für die Hebamme, die diese erbringt.
Pfleger
Gast
Es ist schon eine Schande, wie mit diesem wichtigen und verantwortungsvollen Beruf umgegangen wird. Wenn hier Fehler gemacht werden kann das Menschenleben kosten.
Die Regierung sollte sich mal für was vernüftiges einsetzen anstatt unsere gelangweilten und gehätschelten Akademikerinnen mit unverdienten Pösten zu versorgen. Die Hebammen hätten es endlich mal verdient, anständig bezahlt zu werden! Stattdessen kümmert man sich lieber um seinesgleichen, sehr armselig.
Xhanthan
Gast
Also, zunächst einmal sei gesagt, dass ich es grundsätzlich richtig finde, dass (gesetzlich) dafür Sorge getragen wird, dass die Anbieter von Haftpflichtversicherungen freiberufliche Hebammen nicht in einem ausbeuterischen Sinne schröpfen - dies gälte es in jedem Fall zu prüfen und bei Bedarf steuernd einzugreifen oder wenigstens Alternativen zu schaffen.
Sollte es sich aber herausstellen, dass die wohl immensen Versicherungskosten gerechtfertigt sind, so sollte man sich ernsthaft fragen, ob man dann diesen (Frei-)Beruf wirklich steuerlich subventionieren (oder in einer anderen Weise, künstlich, retten) sollte.
Vielleicht ist diese Sicht etwas naiv, aber freiberufliche Hebammen sind ja wohl nur für die (in Relation wenigen) Menschen interessant, die eine Hausgeburt bevorzugen. Und wenn diese (die Hausgeburt) im Ernstfall so viel gefährlicher ist, als die im Krankenhaus, so ist doch die Frage erlaubt, warum man diesen (freien) Berufsstand dann künstlich erhalten sollte?
Natürlich kann ich mir vorstellen, dass es bestimmte Punkte gibt, die für eine Hausgeburt sprechen - infektionsklinische Gesichtspunkte kämen mir da sofort in den Sinn; aber dafür den Freiberufsstand zu subventionieren empfände ich als nicht gerechtfertigt.
Ein Kompromiss für diejenigen, welche die Dienste einer Hebamme zuhause in Anspruch nehmen wollen (und um die geht es mir auch ehrlich gesagt, nicht um die Hebamme als Freiberuflerin) könnte man ein Gesetz erlassen, welches Krankenhäuser dazu zwingt Hausgeburten "anzubieten" oder etwas ähnliches.
Natürlich tut es mir um diejenigen Leid, die ihren Beruf leidenschaftlich und frei ausüben wollen - aber vom gesamtgesellschaftlichen Nutzen her betrachtet sollte man den Freiberufstand der Hebamme nicht um des Freiberufsstands Willen aufrechterhalten. Ich gebe nochmals zu bedenken, dass dies nur unter der oben genannten Prämisse gilt.
Aurelie Sage
Lieber Xhanthan,
leider hast du den Beruf einer Hebamme nicht verstanden. Denn Hebammen betreuen nicht nur Hausgeburten.
Die gesetzlich vorgeschriebenen Vorsorgeuntersuchungen können ebenso bei einer Hebamme in Anspruch genommen werden. Außerdem hat jede Frau Anspruch auf 8 Wochen Nachsorge nach der Geburt durch eine Hebamme.
Daher ist dies für alle werdenden Mütter interessant und aus Erfahrung kann ich sagen, dass ich mich bei meiner Hebamme besser aufgehoben gefühlt habe als bei meiner Frauenärztin.
Daher freue ich mich, dass dieser Berufsstand unterstützt werden soll