Verdi-Mann zur Hessen-Wahl: "Der Flughafenausbau muss sein"
Verdi-Vertreter Schaub kritisiert, SPD und Grüne wollten die Erweiterung des Frankfurter Flughafens bremsen. Mögliche neue Arbeitsplätze hätten Vorrang vor Naturschutz.
taz: Herr Schaub, worüber wird beim Flughafenausbau in Frankfurt immer noch gestritten?
Gerold Schaub: Über das Nachtflugverbot. CDU, FDP und SPD sind prinzipiell für einen Flughafenausbau in Frankfurt. SPD und Grüne wollten keinen Flugverkehr zwischen 23 und 5 Uhr - das stand im Koalitionsvertrag. Sie wollten ein separates Genehmigungsverfahren für den Ausbau und die Nachtflüge. Sie fordern nun immer noch vom Flughafenbetreiber Fraport, dass vor einer endgültigen Entscheidung keine Rodungsarbeiten beginnen und Fakten geschaffen werden.
Ist das nicht sinnvoll?
Nein, denn man riskiert, dass das ganze Verfahren des Flughafenausbaus wieder aufgerollt wird und sich verzögert, mit unheimlich vielen Gutachten und allen Problematiken, die mit so einem Verfahren verbunden sind. Seit zehn Jahren läuft ja schon ein Mediationsverfahren über den Ausbau, an dem Anwohner und Parteien beteiligt waren. Wir als Gewerkschaft Ver.di am Flughafen wollen das derzeitige Verfahren weiter laufen lassen.
Mit der Unterstützung des Ausbaus stellt sich die Gewerkschaft gleichzeitig gegen die Linken. Ist das nicht eine Zwickmühle?
Wir haben uns klar positioniert, dass der Ausbau sein muss.
Sie geben dem Arbeitsplatzversprechen Priorität?
Ja, das ist ein ganz wichtiges Argument. Im ganzen Gebiet um Frankfurt sieht man ja einen Rückgang an gewerblichen Arbeitsplätzen, was im Dienstleistungssektor nicht aufgefangen werden kann. Für die Landesregierung ist der Flughafenausbau deswegen ein zentrales Projekt. In Frankfurt steigt ja von den 50 Millionen Passagieren die Hälfte zum Beispiel nach Amerika oder Asien um. Deshalb ist die Frage, wie schnell das Umsteigen bewältigt werden kann, für Frankfurt ganz wichtig - sonst kann das auch Paris oder London erfüllen, wenn es in Frankfurt nicht klappt.
Wie viele Arbeitsplätze wird der Ausbau denn wirklich bringen?
Die Arbeitsplätze, die geschaffen werden können, reichen an 100.000 heran.
Alle direkt am Flughafen?
Am Flughafen werden wohl nur 30.000 bis 40.000 Stellen entstehen, der Rest im Umland etwa durch mehr Stellen in Speditionen, alles was in der Reisebranche tätig ist, in Hotels und Gaststätten, und für Gewerbetreibende, die am Flughafen arbeiten wie Reinigungsfirmen oder Catering-Firmen. Das hängt dann von der Passagier- und Flugbewegung ab.
Dabei hat der Flughafenbetreiber, die Fraport AG, bei der Sie im Aufsichtsrat sitzen, gerade angekündigt, Löhne zu kürzen und den Bodenverkehrsdienst auszulagern. Funktioniert das Arbeitsplatzargument für den Ausbau da überhaupt noch?
Das Argument bleibt bestehen. Das Schlimme ist ja nur, dass man wieder über die Höhe der Löhne streitet. Wir von Ver.di werden nicht hinnehmen, dass sich der Frankfurter Flughafen zu einem Billiglohnstandort entwickelt.
Wird es 2009 Streiks geben?
Im Frühjahr rechne ich mit Arbeitskampfmaßnahmen wegen der Absichten des Fraport-Vorstandes.
Ist das nicht der Zeitpunkt, zu dem Sie eine Entscheidung für den Ausbau erwarten?
Ja, alle rechnen mit der Entscheidung vom Hessischen Verwaltungsgerichtshof Ende Januar.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Waffen für die Ukraine
Bidens Taktik, Scholz’ Chance
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana